Der 95-Prozent-Mann von Monheim Daniel Zimmermann schafft kommunistische Verhältnisse

Monheim · In Monheim hat der junge Bürgermeister Daniel Zimmermann ein sensationelles Ergebnis geholt und alle Prognosen weit übertroffen. Die Kommunalwahl zeigte aber noch andere Phänomene. Eine Übersicht.

 95 Prozent scheinen nur im Kommunismus möglich, doch Daniel Zimmermann hat in Monheim bewiesen, dass man mit erfolgreicher Arbeit und sympathischem Auftreten solche Werte auch in einer Demokratie erreichen kann.

95 Prozent scheinen nur im Kommunismus möglich, doch Daniel Zimmermann hat in Monheim bewiesen, dass man mit erfolgreicher Arbeit und sympathischem Auftreten solche Werte auch in einer Demokratie erreichen kann.

Foto: Phil Ninh

"Kommunistische Verhältnisse" in Monheim

Er hatte mit 80 bis 85 Prozent der Stimmen gerechnet, aber dass ihn die Wähler im entschuldeten Monheim mit knapp 95 Prozent im Bürgermeisteramt bestätigen würden, überraschte selbst den erfolgsverwöhnten Daniel Zimmermann (Peto). Diese Zahl, die an "kommunistische Verhältnisse" am Rhein denken lässt, ist der Bestwert für einen Bürgermeister in NRW. Zimmermann hatte allerdings auch nur einen Pro-forma-Gegenkandidaten: Manfred Poell (Grüne), der eigentlich nur angetreten war, um eine demokratische Wahlmöglichkeit zu bieten, konnte nur 5,4 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Zimmermann verdreifachte sein Ergebnis von 2009 - damals war er zum jüngsten Bürgermeister in NRW gewählt worden. Aber nicht nur Zimmermann holte einen sensationellen Erfolg: Als historisch wird auch der erdrutschartige Sieg von "Peto" betrachtet, der Jugendpartei, die der Verwaltungschef - noch als Schüler - einst mitgründete: Sie erreichte 65 Prozent der Stimmen und konnte damit ihr Ergebnis von 2009 mehr als verdoppeln. Sogar einstige SPD-Hochburgen im Monheimer Problembezirk "Berliner Viertel" nahm Peto im Sturm ein. Zimmermann, der für seine Politik bisher auf wechselnde Mehrheiten angewiesen war, verfügt nun mit Peto über die absolute Mehrheit im Rat. Noch am Wahlabend lud er die anderen Fraktionen, die dramatische Verluste verkraften mussten, zur konstruktiven Mitarbeit ein.

Parteien werden unwichtiger: Bürgerinitiativen erobern die Rathäuser

Wer bei einem Buchmacher auf einen Sieg der erst im Februar dieses Jahres gegründeten Wählergemeinschaft "Forum Kalkar" bei der Kommunalwahl in der niederrheinischen Kleinstadt im Kreis Kleve gesetzt hätte, hätte eine Rekordquote kassiert. Das Forum erreichte 33,7 Prozent der Stimmen, ist damit stärkste Fraktion im Rat. Die CDU, die in Kalkar seit mehr als sechs Jahrzehnten stets mit absoluter Mehrheit regiert hatte, stürzte auf 31,6 Prozent ab, verlor 22,3 Prozent. Das Forum, aber auch andere Kritiker hatten der CDU fehlende Transparenz bei Entscheidungen vorgeworfen, Selbstherrlichkeit und mangelnde Bürgernähe. "Die Stimmung in Kalkar war derart, dass wir nicht mehr gegenlenken konnten", gesteht der Kreisvorsitzende der Partei, Günter Bergmann. Die Mitglieder des Forums waren laut ihrem stellvertretenden Vorsitzenden Dirk Altenburg von dem Sensationssieg noch "überrumpelt". Möglichst rasch wollen sich nach seiner Aussage die neu gewählten Ratsmitglieder, die allesamt noch nie in einem Rat tätig waren, "klug" machen, damit sie nicht "laienhaft auftreten". Dazu sollen die Gewählten unter anderem Seminare zum Thema "Arbeit in Stadträten" besuchen, die - wie Dirk Altenburg weiß - andere Parteien anbieten. Angst aber habe das Forum vor der Herausforderung, nun für etwa 14.000 Bürger verantwortlich zu sein, jedoch keineswegs. Dirk Altenburg versichert: "Wir haben schließlich gestandene Bürger mit anspruchsvollen Berufen in unseren Reihen." Und die organisieren sich gerade auf lokaler Ebene immer häufiger in Initiativen und nicht mehr in den etablierten Parteien.

Die CDU kann nicht Großstadt: erst recht nicht in Köln

In Köln, Deutschlands viertgrößter Stadt, landete die CDU zwar noch auf Platz zwei hinter der SPD und vor den Grünen; aber die gut 27 Prozent waren das schlechteste Kommunalwahl-Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik für die Partei des berühmtesten Kölners, Konrad Adenauer. Vorbei die Zeiten, als die Union in Metropolen wie Frankfurt/Main, Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe und auch mit OB Fritz Schramma in Köln das Sagen hatte. Seit Längerem sprechen Politikwissenschaftler vom "Großstadt-Fiasko" der CDU. Doch: Diagnose klar, Therapie ungewiss. Bereits vor zehn Jahren legte eine Parteikommission unter Vorsitz des Ex-NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ein Großstadt-Konzept vor, das fix in der Versenkung verschwand. Und nun wackelt in Düsseldorf auch die letzte Metropole, die einzige unter den zehn größten Städten mit CDU-OB. Amtsinhaber Dirk Elbers muss am 15. Juni in die Stichwahl gegen Thomas Geisel (SPD). Aachens OB Marcel Philipp (CDU) schaffte es knapp mit 50,5 Prozent, in Hamm bleibt Parteikollege Thomas Hunsteger-Petermann (56,3 Prozent) im Amt. Er ist damit der dienstälteste OB in NRW und geht nun in seine vierte Amtszeit.

Die Politik wird bunt: Ratssitzungen als Elferrat

Elf Gruppierungen werden im Leverkusener Stadtrat vertreten sein - darunter Fraktionen wie die LEV-Partei und Opladen-Plus. Auch in Essen wird es elf Fraktionen geben.

NRWs jüngster Bürgermeister: 27-Jähriger lenkt künftig die Stadt Dormagen

In Dormagen war es die Sensation, als am späten Abend feststand, dass SPD-Bürgermeisterkandidat Erik Lierenfeld mit 52,1 Prozent auf Anhieb die absolute Mehrheit holte und neuer Bürgermeister der 63.000-Einwohner-Stadt wird. Der erst 27 Jahre alte Diplom-Verwaltungswirt setzte sich gegen den Amtsinhaber, CDU-Kandidat Peter-Olaf Hoffmann, durch, der heute 67 Jahre alt wird. Das Ergebnis wird in einer Stadt mit vielen Bürgerinitiativen vor allem als ein Votum gegen den Stil des bisherigen Bürgermeisters angesehen. Lierenfeld ist der jetzt jüngste Bürgermeister in NRW. Erik Lierenfeld, Teamleiter im Jobcenter Rhein-Kreis Neuss, wird zugetraut, mit einem neuen Politik- und Führungsstil für mehr Transparenz zu sorgen. Mit welcher Ratsmehrheit das gelingen soll, ist angesichts einer Patt-Situation unklar: CDU und SPD haben jeweils 16 Mandate.

Machtwechsel: Stellvertreter in Ratingen schlägt seinen Chef

Der Stellvertreter des Ratinger Bürgermeisters wollte dessen Job haben - und dies ist ihm jetzt gelungen: Klaus Konrad Pesch, bisher Erster Beigeordneter der Stadt Ratingen, hat Amtsinhaber Harald Birkenkamp geschlagen. Das Besondere: Pesch war der gemeinsame Kandidat von CDU, FDP, Grünen und SPD. Er kam auf 51,6 Prozent. Birkenkamp, der in seine dritte Amtsperiode gehen wollte, ist Mitglied der Wählergemeinschaft Bürger Union, einer Abspaltung der CDU. Der Diplom-Verwaltungswirt erreichte 44,7 Prozent. Für Ratingen ist der Wechsel an der Stadtspitze eine Zäsur, Birkenkamp war die Galionsfigur für die Bürger Union.

Und trotz Wahl entscheidet auch der Zufall

In Voerde muss nun das Los die Entscheidung bringen. Die beiden Kandidaten Helmut Schmitz (SPD) und Jürgen Albri (CDU) haben in ihrem Wahlbezirk exakt dieselbe Stimmenzahl (369) erreicht. Über den Sieg bestimmt der Wahlausschuss im Losverfahren.

Zeit für Veränderung: Es ist nie zu spät für ein erstes Mal

In Meerbusch hat es zum ersten Mal in 44 Jahren eine Frau an die Macht geschafft. Angelika Mielke-Westerlage (CDU) setzte sich mit 58,2 Prozent durch. Auch in Radevormwald gibt es eine Premiere: Die Grünen sind nun im Rat vertreten (6,7 Prozent). Und die CDU in Kevelaer macht ebenfalls eine neue Erfahrung: sie muss sich nach 60 Jahren absoluter Mehrheit erstmals einen Koalitionspartner suchen.

(RP)
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