Politik und Karneval So wird ein Landtagspolitiker zum Prinzen

Monheim/Langenfeld · Ein politisches Mandat ausüben und im Karneval aktiv sein - das geht. Das haben vor Jens Geyer bereits andere Politiker gezeigt - etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach. Der war Karnevalsprinz in Bergisch Gladbach.

 Jens Geyer im Alltagsoutfit, mit Handy am Ohr, statt Zepter in der Hand.

Jens Geyer im Alltagsoutfit, mit Handy am Ohr, statt Zepter in der Hand.

Foto: og

Die Mitglieder der Gromoka müssten eigentlich schon wunde Lippen haben. So oft haben sie dem Landtagsabgeordneten Jens Geyer einen Kuss angeboten, bis er bereit war, sich in einen schmucken Karnevalsprinzen zu verwandeln. "Seit 2013 hat die Gromoka immer wieder gefragt und gebohrt, ob ich nicht Prinz werden wolle", sagt Geyer. Aber das wollte er nicht allein entscheiden. Schließlich muss Ehefrau Kerstin mitziehen, die berufstätig ist und sich zudem um die beiden Kinder kümmert. Nachdem auch die Großeltern versprochen haben, einzuspringen, wenn der Spagat zwischen Job und und Brauchtum zu groß wird, hat Geyer sich für ein "Ja" entschieden, allerdings nicht ohne den finalen Kuss der Zustimmung seiner Gattin. "Wir sind beide jeck", sagt diese. "Der Kuss hat dann die Entscheidung" perfekt gemacht."

Mit der Gromoka hat der SPD-Landtagsabgeordnete abgesprochen, sein Mandat und den Karneval streng zu trennen. "Politik aus der Bütt" wird es nicht geben, sagt Geyer. "Man muss auch auf dem Boden bleiben können."

Außerdem gebe es für den Prinzen auch gar nicht so viel Gelegenheit, politische Reden zu schwingen. "Wir sind im Karneval dafür da, gute Laune zu verbreiten, die Menschen, die uns auf der Bühne sehen, herzlich zu grüßen, zu singen und zu bützen."

Doch letzteres will gelernt sein und geht streng nach Etikette. In Langenfeld geht das Bützen so: Links, rechts, links. Bei besonders netten Menschen darf wiederholt werden. In Monheim dagegen wird weniger geküsst. Da geht es nur linke Wange, rechte Wange. Grundsätzlich gebützt werden im Übrigen die Ordensträger. Und Freunde. Unterschiede in der Bützfähigkeit hat Geyer bisher nicht ausgemacht. Ob CDU-Frauen etwa besser küssen? Die Frage bleibt unbeantwortet.

Locker bleiben und sich den Humor bewahren, ist die Devise von Jens Geyer, der neben seinem Landtagsmandat auch noch die Termine als Vorsitzender des UCB-Betriebsrats wahrnehmen muss. "Insgesamt klappt das ganz gut." Im Landtag seien bereits die Wahlen spürbar. "Große Entscheidungen werden in den Plenarsitzungen nicht mehr getroffen. Die Tagesordnungen schrumpfen", sagt er und findet, dass er seine Jobs nicht zuletzt dank der langen Session gut unter einen Hut bekommt.

Im Verwandeln ist er inzwischen Profi: Die weißen Stümpfe, ohne die kein Karnevalsprinz auskommt, hat er ruckzuck übergestreift. "Die haben sogar einen Reißverschluss" sagt er. "Man muss halt darauf achten, wo die Naht sitzt." Im Übrigen bekommt das weiße Beinkleid Hosenträger, ebenso wie die kurze Pluderhose, die der Prinz drüber trägt. Die roten Lackschuhe kommen danach. Sollen auch bequem sein. Für die im Stil dem Mittelalter entlehnte Jacke benötigt er allerdings Ankleidehilfe. "Die wird hinten geknöpft. Da muss der Adjutant her." Das ist sein Schwiegervater.

Zum Schluss ziert noch eine britisch anmutende Halskrause das jecke Outfit des Abgeordneten. Kappe, Federn und Zepter weisen den Politiker als Prinzen aus.

150 bis 160 Termine in Schulen, Seniorenheimen, in Kirchengemeinden und karitativen Einrichtungen absolviert Geyer als Prinz neben den Auftritten bei befreundeten Vereinen und bei den Sitzungen. "Wir bekommen Einladungen unter anderem aus Langenfeld, Köln, Hitdorf, Düsseldorf, Velbert und Wuppertal", zählt er auf. "Für einen Plenartag im Landtag muss da schon einmal etwas abgesagt werden. Aber im großen Ganzen klappt es." Eine 40-Stunde-Woche sei das allerdings nicht. Und manchmal ist er auch ganz froh, wenn er seine Verkleidung nach vielen jecken Stunden ablegen kann.

(RP)
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