Analyse Notfallpraxis wird den Ärzten zu teuer

Langenfeld · Viele niedergelassene Ärzte machen die Notdienste nicht selbst. Sie bezahlen Vertretungsärzte dafür, was vom Praxisbudget abgeht. Jetzt wollen die Kassen die Fallpauschalen für den Notdienst kürzen. Die niedergelassenen Ärzte müssten das ausgleichen.

 Die Notfallpraxis in Langenfeld ist meist gut besucht. Doch nach der Reform laufen den Betreibern die Kosten davon. Niedergelassene Ärzte müssen die Honorare ausgleichen.

Die Notfallpraxis in Langenfeld ist meist gut besucht. Doch nach der Reform laufen den Betreibern die Kosten davon. Niedergelassene Ärzte müssen die Honorare ausgleichen.

Foto: rm-

Die Räte der Städte Langenfeld und Monheim haben Resolutionen gegen die mögliche Schließung der Notfallpraxis am St. Martinus-Krankenhaus beschlossen. Unterschriftenlisten gegen die geplante Strukturreform der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) liegen aus - dabei ist längst ein viel ernsteres Bedrohungsszenario entstanden. Wegen der Ende 2014 beschlossenen Änderungen der Kassen-Gebührenordnung weiß der Träger der Notfallpraxis, der Ärzteverein Südkreis, nicht, ob er die Einrichtung unter diesen Umständen überhaupt aufrechterhalten kann, wie dessen Vorsitzender Hans-Peter Meuser mitteilt.

Danach würden die Ärzte ab dem 1. April mittwochs und freitags vor 19 Uhr pro behandeltem Fall 50 Prozent des Honorars einbüßen, für alle übrigen Zeiten 24 Prozent pro Fall. "Damit zieht man uns den Boden unter den Füßen weg", sagt Meuser. Bisher hätten die Honorare die Fixkosten der Praxis (Sprechstundenhilfen, Miete, Material) und das Honorar für die Vertretungsärzte gedeckt. Denn der Großteil der 110 in Langenfeld niedergelassenen Ärzte verrichtet den Sitzdienst, zu dem die KVNO ihn einteilt, nicht selber. Dafür steht der Notfallpraxis ein Pool an 30 Vertretungsärzten zur Verfügung. "Da nicht zu erwarten ist, dass diese Vertretungsärzte für ein geringeres Honorar arbeiten, müssten wir den Notdienst aus unseren übrigen Honoraren subventionieren - diese Art der Selbstausbeutung werden wir aber nur begrenzte Zeit mitmachen", droht Meuser. Daher appelliert er an die örtliche Politik, ihren Einfluss im Landtag geltend zu machen, um Druck auf die Krankenkassen auszuüben. Ziel wäre, dass die ambulanten Notfall-Leistungen künftig als "besonders förderungswürdige Leistungen mit festen Beträgen" honoriert werden. Bisher werden sie aus den von der Krankenkasse gezahlten Pauschalen finanziert. Das heißt: Wird der Notdienst besonders stark in Anspruch genommen, sinkt das Honorar, das für die Regelversorgung zur Verfügung steht.

Tatsache ist, dass die Inanspruchnahme dieses "sehr niedrigschwelligen Angebots" gerade im Ballungsraum Düsseldorf sehr intensiv sei, wie Christopher Schneider, Sprecher der KVNO, betont. Insbesondere seit Wegfall der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 ist sie stark gestiegen. Dabei habe eine Untersuchung des Apothekerverbandes ergeben, dass der Anteil der verschreibungspflichtigen Medikamenten an von Ärzten am Wochenende verschriebenen "Notfallmedikamenten" sehr gering sei. "Der Großteil sind frei verkäufliche Schmerzmittel, Hustensäfte und Fieber senkende Mittel", so Schneider. Auch Meuser räumt ein, dass 2013 der Zustrom an Notfallpatienten um 10 bis 15 Prozent gestiegen ist. "Tatsächlich weiß ich aber erst nach der Untersuchung, ob der Patient einer der vielen Bagatellfälle ist oder einer der wenigen wirklichen Notfälle", sagt Meuser. Sicherlich fassten viele Patienten die Chipkarte als Freifahrtschein auf, daran werde auch die von der KVNO geplante Aufklärungskampagne nichts ändern: Danach soll den Patienten deutlich vermittelt werden, so Schneider, dass der Notdienst für eine Ausnahmesituation gedacht ist: die Stabilisierung bis zur nächsten regulären Sprechstunde.

Hintergrund der geplanten Schließung der Notfallpraxis Langenfeld ist unter anderem übrigens ein Prüfbericht des Gesundheitsministeriums des Landes, in dem beanstandet wurde, dass die Organisation vieler Notfallpraxen "durch selbstständig agierende Vereine ohne finanzielle Kontrolle durch die KV betrieben werden". "Die Vereine stellen zwar die Versorgung sicher, aber die genaue Struktur der Vereine kennen wir manchmal nicht", räumt KVNO-Sprecher Christopher Schneider ein. Da die KV die Sicherstellungsverantwortung habe, müsse sie jetzt Transparenz und eine einheitliche Finanzierung in ihrem Zuständigkeitsbereich herstellen. "Dazu müssten uns die Vereine jetzt ihre Geschäftsmodelle offenbaren - wir suchen das Gespräch."

(RP)
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