Doris Sandbrink "Sicheres Auftreten macht Eindruck"

Langenfeld · Pädagogin Doris Sandbrink trainiert in Workshops, wie man auf fremdenfeindliche Sprücheklopfer reagiert.

 Die Dozentin Doris Sandbrink hilft Teilnehmern, Argumente gegen Stammtischparolen zu finden. Doch oft ist es nicht einfach, mit Argumenten durchzudringen. Eine sichere Körpersprache hilft.

Die Dozentin Doris Sandbrink hilft Teilnehmern, Argumente gegen Stammtischparolen zu finden. Doch oft ist es nicht einfach, mit Argumenten durchzudringen. Eine sichere Körpersprache hilft.

Foto: RALPH MATZERATH

Langenfeld Die Langenfelderin Doris Sandbrink kämpft seit vielen Jahren gegen demokratiefeindliche Sprüche und Parolen. Die Pädagogin und Sprachenlehrerin für Flüchtlinge zeigt in Workshops, was man Stammtischparolen entgegensetzen kann. 22 Bürger waren jetzt bei einem Argumentationstraining im evangelischen Gemeindezentrum in Reusrath dabei.

Frau Sandbrink, warum sollte man überhaupt auf unsinnige Parolen reagieren? Kann man sie nicht einfach ignorieren?

Sandbrink Solche Parolen sind menschenverachtend und zutiefst gefährlich für unsere Demokratie. Wir sehen jeden Tag im Kontext der Flüchtlingsfrage, dass es vom starken Spruch zur brutalen Tat nur ein kleiner Schritt ist. Daher ist es ein Akt der Zivilcourage, entschieden gegen rechtspopulistisches Gedankengut anzugehen - in der Nachbarschaft, in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, im Laden, in Bus und Bahn - eben überall.

Was sollte man über die Beweggründe der Parolenschwinger wissen?

Sandbrink Vielen Menschen ist durch die Veränderungen in der globalisierten Welt ein Gefühl für Stabilität und Übersichtlichkeit abhandengekommen. Sie erleben Krisen und Katastrophen und sich selbst als machtlos. In den Parolen lassen sie Dampf ab, schaffen sich ein Forum, suchen Gesinnungsgenossen und entwickeln starke Fantasien. Das betrifft nicht nur Randgruppen, sondern - wie alle Untersuchungen beweisen - auch die so genannte bürgerliche Mitte, die sich ungerecht behandelt und zu kurz gekommen fühlt: ein idealer Nährboden, Sündenböcke dafür zu finden und sich durch Abwertung des Anderen selbst zu erhöhen.

Was macht es eigentlich so schwer, auf dumme Sprüche zu reagieren?

Sandbrink Stammtischparolen überrumpeln und überfordern. Ich nehme mal eine der am weitesten verbreiteten rechten Parole als Beispiel: "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg." Diese Behauptung ist verallgemeinernd, pauschal verurteilend und emotional, so dass es kaum möglich scheint, rational und differenziert darauf zu reagieren.

Welche Strategien sind die einfachsten oder effektivsten, eine solche Aussage zu kontern?

Sandbrink Die Initiative ergreifen und Gegenfragen stellen.

Können Sie uns ein paar Beispiele nennen?

Sandbrink Beispielsweise: Wen meinst du mit "die Ausländer" genau? Die polnische Altenpflegerin, den japanischen Manager, den türkischen Inhaber einer Dönerbude oder den marokkanischen oder mexikanischen Fußballstar in der Bundesliga? Und dann weiterfragen. Begründe doch mal, warum dir diese Menschen den Arbeitsplatz wegnehmen? Wie sähe unser gesellschaftliches Leben denn aus, wenn diese Menschen nicht da wären?

Sie schlagen auch vor, über Fakten ins Gespräch zu kommen. Beißt man da bei verbohrten Hardlinern nicht auf Granit?

Sandbrink Zugegebenermaßen ist das nicht ganz einfach, weil der intellektuelle Gehalt der Parolen sehr dürftig ist ebenso wie die Tendenz, sich mit gegenteiligen Informationen auseinanderzusetzen. Aber wer gute Informationen und Argumente hat, der kann sicher auftreten und andere beeindrucken - allein durch eine souveräne Körpersprache.

Apropos Körpersprache: Wie hält man die eigene Wut über Stammtischparolen im Zaum?

Sandbrink Kaum, wenn ich die gefährliche Melange aus gewaltbereiten Hooligans, der wachsenden Teilnehmerzahl bei rechtsextremistisch motivierten Demonstrationen und den Rechtspopulismus der AfD sehe. Diese Verrohung unserer Gesellschaft ist höchst bedrohlich.

Wie trainieren Sie mit ihren Kursteilnehmern Schlagfertigkeit?

Sandbrink Das machen wir in simulierten Rollenspielen und entwickeln dann passende Strategien. Denn es macht einen großen Unterschied aus, ob in der Nachbarschaft, im Bus oder am Arbeitsplatz Parolen gedroschen werden und ob ich mich als Familienmitglied, Freund oder abhängig Beschäftigter positioniere.

ISABEL KLAAS STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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