Lokalsport Der Längste will Langenfeld mitreißen

Langenfeld · Dustin Thöne trifft heute Abend mit dem Handball-Drittligisten auf seinen alten Verein Longericher SC - der als Favorit gilt.

Allen war am Ende der vergangenen Saison klar, dass die Handballer der SG Langenfeld (SGL) etwas Einmaliges geleistet haben. Allen war klar, dass sie sich nach dem Aufstieg aus der Oberliga von manchem würden verabschieden müssen - in erster Linie von der Gewohnheit, die meisten Spiele doch irgendwie siegreich zu gestalten. Und im Hinterkopf musste dann klar sein, dass der Traum vom Klassenerhalt unter Umständen platzen kann und auf jeden Fall extrem viel Durchhaltevermögen verlangt. Deshalb sieht sich Langenfeld ja auch in der Rolle von Galliern, die es ständig mit vermeintlich übermächtigen Gegnern zu tun haben. Eine Grundvoraussetzung: Die SGL ist tatsächlich in keinem der Spiele als Favorit zu sehen - nicht mal ansatzweise. Das gilt auch für die Aufgabe heute Abend (17.30 Uhr, Halle Konrad-Adenauer-Gymnasium) gegen den Longericher SC.

Das Team von Trainer Dennis Werkmeister liegt nach dem 25:30 vom vergangenen Wochenende beim Zweiten Neusser HV wieder auf einem Abstiegsplatz - zum ersten Mal seit dem 28:39 vom Saisonstart beim Leichlinger TV. Die bisherigen Auftritte haben gezeigt, dass der Liga-Neuling gegen die Top-Teams der Klasse im Grunde chancenlos ist. Ein weiterer Beleg dafür war das 26:36 beim Dritten TSV Bayer Dormagen - ebenfalls ein Auswärtsspiel. "Wir wissen das richtig einzuschätzen", sagt Werkmeister. Duelle mit den Großen in der Liga wird die SGL allenfalls gewinnen, wenn alle möglichen günstigen Umstände zusammentreffen. Ansonsten taugen sie nur äußerst bedingt als Maßstab für den eigenen Standort in der dritthöchsten deutschen Handball-Klasse. Wer maximal dreimal pro Woche trainiert, muss sich einfach andere Orientierungspunkte suchen.

Mit 3:13 Punkten befindet sich Langenfeld auf Rang 14 erwartungsgemäß im Abstiegskampf. Die Liste der nach Punkten erreichbaren Kontrahenten endet erst auf Rang acht bei der Ahlener SG (6:10), gegen die Langenfeld mit dem 32:28 seinen bisher einzigen Saisonsieg erzielte. Richtig ärgerlich war im ersten Viertel der Serie nur der 8. Oktober, denn vor vier Wochen verschenkte die SGL beim TuS Volmetal den Sieg und hatte letztlich nichts in der Hand (26:29). Wäre ein Erfolg herausgesprungen, stünden 5:11 Zähler auf dem Konto.

Jede einzelne Aufgabe ist unabhängig davon etwas Besonderes für Langenfelds Handballer, die auch permanent mögliche Fortschritte überprüfen können und nun nach den Auftritten gegen die Titel-Anwärter für die Hinrunde vielleicht das Schlimmste hinter sich haben - was jedoch auf Longerich nur bedingt zutrifft, weil die Kölner über viel Qualität verfügen. "Ihre 6:0-Deckung gehört zu den besten in der Liga", weiß Werkmeister, "die geben über 60 Minuten richtig Vollgas. Bei uns kann es mehr denn ja nur über die Einstellung gehen." Die Bereitschaft, wirklich alles zu investieren, war ja unter anderem die Basis für den Sieg gegen Ahlen und das überraschende 30:30 gegen den Sechsten HSG Krefeld, bei dem die SGL einen Erfolg in der dramatischen Endphase nur knapp verpasste.

Dass die Aufgabe gegen Longerich gewiss sehr anspruchsvoll wird, bestätigt Dustin Thöne. Er ist der Langenfelder Longerich-Experte, der 2013 vom SC zur damals von Leszek Hoft trainierten SGL kam. "Wenn du gegen Longerich spielst, dann musst du bereit sein, Schmerzen einzustecken", findet sein heutiger Coach Werkmeister. Und Thöne ist bereit, sich diesem unromantischen Rezept zu stellen. Daraus ergeben sich direkte persönliche Folgen, weil sich Thöne als Kreisläufer immer mitten im dicksten Abwehrgetümmel bewegt und mit besonders viel Körperkontakt zu rechnen hat.

Thöne ist mittlerweile nicht nur durch seine 2,04 Meter eine auffallende Figur - sondern längst so etwas wie der natürliche Nachfolger von Andreas Nelte. Der 34-Jährige, erfahrenster Handballer der SGL, hatte vor gut einem Jahr sehr deutlich betont, wie er Thöne einschätzt: "Ihm gehört die Zukunft. Ich bin froh, dass er sich so entwickelt." Damit ist nicht nur der Angriff gemeint, denn nicht selten stehen Thöne, Nelte (1,94 Meter) und Tim Menzlaff (2,01 Meter) gemeinsam in der Abwehr-Mitte.

Longerich mit dem Trainerteam Christian Stark und Andreas Klisch stellt Thöne auf ein Niveau etwa mit dem Leichlinger TV und der HSG Krefeld. "Ich glaube, dass wir an einem guten Tag mithalten können", findet Langenfelds Längster, dessen Wert fürs Team nicht zuletzt die hohen Einsatzzeiten belegen. Oft steht er 50 Minuten oder länger auf dem Feld - was gegen Longerich ähnlich sein dürfte. Auf Thöne, der von sich selbst viel erwartet und sich deshalb nach dem Auftritt in Dormagen eine eher bescheidene Note gab, kommt viel Arbeit zu - und er wird vielleicht permanent im Fokus stehen. Ein Grund: Es ist kaum davon auszugehen, dass ihn die Spieler seines früheren Vereins besonders schonend behandeln.

Die personelle Lage der SGL ist besser als zuletzt in Dormagen. Weil Regisseur André Eich (Urlaub) und Linkshänder Henrik Heider (private Gründe) fehlten, waren die Kräfteverhältnisse dort noch deutlicher als ohnehin schon. Während Eich weiter nicht an Bord ist, kann Langenfeld auf Heider wieder zurückgreifen. Außerdem kehrt Steffen Hambrock nach langer Verletzungspause ins Team zurück. Favorit ist die SGL deswegen trotzdem nicht. Jedem war doch klar, wie gründlich sich die Dinge geändert haben.

(RP)
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