Motorsport Tim Bergmeister: Das Comeback in Florida

Langenfeld · Der 2012 schwer verunglückte Motorsportler kehrt ins Meisterschafts-Geschehen zurück. Stationen auf der Weltreise: USA und Japan.

Wer ihn erlebt, kommt kaum drauf. In Tim Bergmeister steckt derart viel Energie, dass er die echte Rückkehr auf die Rennstrecke kaum erwarten kann. Dabei schien am 4. Mai 2012 von einer Sekunde auf die andere alles vorbei zu sein, als der damals 37 Jahre alte Motorsportler bei einem Lauf der japanischen Serie Super GT einen Horror-Unfall erlitt. Der Langenfelder krachte mit dem Porsche 911 GT 3 R wegen eines technischen Defekts (Reifen geplatzt) in die Streckenbegrenzung und musste vorübergehend um sein Leben kämpfen, ehe die Ärzte die schweren Verletzungen in den Griff bekamen (Lunge, Schulterblätter, Rippen, Schlüsselbein). Jetzt ist Bergmeister wieder der Alte. Und er hat für das Jahr 2014 ein Programm beisammen, das höchsten Ansprüchen genügt. Das dürfte viele erstaunen — nur ihn selbst nicht. "Als ich im Krankenhaus die Augen aufgeschlagen habe, war mir sofort klar, dass ich wieder fahre."

Ins Auto wollte Tim Bergmeister, der die Reha-Maßnahmen mit Hochdruck absolvierte, schon Ende Juli 2012 zurück. Doch das damalige Team aus Japan hatte sich kurzfristig aus der Serie zurückgezogen und Bergmeister musste sich notgedrungen in Geduld üben. In der Hauptsache kümmerte er sich jetzt um die Ausbildung — familienintern mit seinem acht Jahre alten Sohn Jakob, der im Kartsport unterwegs ist, und extern als Ausbilder für andere Motorsportler. Als fruchtbar erwiesen sich dabei die Kontakte nach Texas zum Team Effort Racing, dessen Fahrern er professionellen Unterricht geben konnte. Praktisch parallel dazu liefen die Planungen für die Fortsetzung der eigenen Rennfahrer-Karriere. Heute und morgen ist es so weit. Tim Bergmeister bestreitet für Effort Racing die "Pirelli World Challenge" mit insgesamt neun Stationen. Auf dem Straßenkurs von St. Petersburg in Florida stehen die beiden ersten Rennen auf dem Programm.

Die Aufgabe ist keine lockere sportliche Angelegenheit aus der zweiten Reihe, sondern eine anspruchsvolle Serie — in der sich deshalb auch viele Hersteller zeigen. Die Konkurrenz für den Porsche 911 GT 3 R kommt von Ferrari, Audi, Lamborghini oder McLaren, sodass für ein erfolgreiches Abschneiden alles passen muss. Tim Bergmeister tritt allerdings nicht an, um nur irgendwie mitzufahren. Das kann er mit seinem Selbstverständnis im Motorsport gar nicht vereinbaren. "Natürlich haben wir Ambitionen, oben dabei zu sein", betont der 39-Jährige, der körperlich topfit ist. In einer Stunde mal eben 14 Kilometer abzuspulen, ohne völlig verausgabt zu sein — kein Problem für Bergmeister, der dem Serien-Auftakt entgegenfiebert: "Es macht mir immer noch Spaß, Rennen zu fahren. Ich könnte jeden Tag im Auto sitzen. Wäre das anders, würde ich mich selbst in Frage stellen."

Damit nicht der leiseste Zweifel aufkommt, hat der Meister der Serie ADAC GT Masters von 2008 direkt ein zweites Einsatzgebiet aufgetan. Das führt ihn zurück nach Japan, wo er fürs Porsche-Team KTR erneut in der Serie Super GT antritt. Dort teilt er sich die Arbeit am Steuer mit dem 36 Jahre alten japanischen Kollegen Akihiro Tsuzuki. "Es gibt nur zwei Überschneidung mit den USA", sagt Bergmeister, der bei einem der Termine auf eine familieninterne Vertretung bauen darf. Tims Bruder, der seit 2013 vorwiegend in der Langstrecken-Weltmeisterschaft beschäftigte Porsche-Werksfahrer Jörg Bergmeister, springt ein. Mitte Juli ist der fünfmalige Meister der American Le Mans Series in Sugo dabei. Und ein Rennen der Japan-Serie bestreiten die beiden sogar gemeinsam — Ende August in Suzuka.

Wie anstrengend der neue Doppel-Job werden dürfte, belegt ein Blick auf die kommenden Tage. Tim Bergmeister ist bereits seit vorgestern in St. Petersburg beschäftigt — mit restlichen Vorbereitungen und Tests. Heute und morgen folgen zwei Rennen, ehe sich der Langenfelder am Anfang der Woche kurz zu Hause blicken lässt. Die Zeit reicht gerade mal, um guten Tag zu sagen und die Wäsche zu wechseln. Denn nur einen Tag später steigt der Langenfelder ins Flugzeug nach Japan. In Okoyama beginnt die Serie Super GT. Irgendwie freut sich Tim Bergmeister auf den Stress, der einiges an Substanz kosten wird. Und das geht nur, wenn einer voller Energie steckt.

(RP)
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