Die Haupt-Verantwortlichen in dieser Saison sind Trainer Salah El Halimi (41) und Redouan Yotla (34), der den leicht angestaubt wirkenden Titel "Fußball-Obmann" trägt und anderswo wohl "Sportlicher Leiter" oder "Direktor Sport" wäre. El Halimi und Yotla äußern sich im Interview zu den Gründen für den Aufschwung. Außerdem sagen sie, was sich noch ändern muss, wenn die Sportfreunde den aktuellen Stand halbwegs halten wollen. Beide leiten aus Platz eins auch kein automatisches Recht zum Aufstieg in die Regionalliga ab - im Gegenteil. Einhelliges Urteil: "Es grenzt an ein Wunder, dass wir mit unseren Möglichkeiten so viel erreicht haben." Ein Punkt: Die Spielstätte an der Sandstraße mit Umkleiden und Duschen ist in die Jahre gekommen. El Halimi muss sich seinen Trainer-Raum bei Heimspielen mit den Schiedsrichtern teilen.

Wie sehr sind Sie selbst davon überrascht, vor allen 17 Konkurrenten auf dem ersten Tabellenplatz zu stehen?

El Halimi: Extrem. Man hat natürlich immer den Glauben, dass es besser läuft, als man es sich selbst vorstellt. Aber dass wir Erster sind zur Winterpause nach 17 Spielen — das niemals!!!

Yotla: Total überrascht. Wir hatten in den letzten Jahren immer einen guten Kader, allerdings wissen wir uns auch einzuschätzen. Wir sind nicht der KFC Uerdingen, wir haben ganz bescheidene Bedingungen. Um von vornherein ein klares Ziel wie Platz eins vorzugeben, gehört jede Menge mehr dazu als nur ein guter Kader.

Wo sehen Sie die wichtigsten Gründe für den Aufschwung?

El Halimi: Ich denke, ein Punkt ist, dass wir nicht so viele Verletzte hatten (außer den vor Saisonbeginn bekannten Langzeitverletzten wie Louis Klotz, Hayreddin Maslar oder Daniel Rey Alonso). Es sind Spieler nur kurzzeitig mal ausgefallen oder sie konnten ersetzt werden. Dadurch konnten sich die Jungs durchgängig eine gute Physis antrainieren, im Rhythmus bleiben und stark aufspielen. Die Integration der Neuen hat schnell geklappt, sie haben sich gut eingefügt und wussten sofort, was wir von Ihnen wollen. Insgesamt haben die Jungs unsere Spielphilosophie schnell verinnerlicht und setzen es richtig gut um.

Yotla: Die kleinen Rädchen greifen sofort ineinander. Das ist das A und O dieser Saison. Der Kader hat es sofort verstanden, die Bedingungen in Baumberg anzunehmen. Dieser Erfolg ist ganz klar den Trainern zuzuschreiben.

Der Verein hat vor der Saison erklärt, so schnell wie möglich 40 Punkte holen und sicher die Klasse halten zu wollen. Reicht das noch als Saisonziel?

El Halimi: Es ist und bleibt das primäre Ziel. Wenn dies natürlich erreicht ist, widmen wir uns neuen Zielen. Man geht halt eine Stufe nach der anderen. Es ist wichtig, dass man diese Stufen erreichen kann und nacheinander zurücklegt.

Yotla: Natürlich bleibt der Klassenerhalt das primäre Ziel. Andersrum sehe ich die vorhandene Qualität der Mannschaft und kenne die Liga wie aus dem Eff-Eff. Wir gehen in die Spiele, um jedes einzelne Match zu gewinnen — genau wie die anderen Vereine. Ich habe noch nie eine Mannschaft gesehen, die nach besagten 40 Punkten das Gewinnen einstellt.

Gibt es für Sie so etwas wie den Spieler der Hinrunde? Und wenn ja, warum?

l Halimi: Ich hebe nie gerne einzelne Spieler heraus. Ich denke, es gibt da zwei bis drei Spieler, die eine tolle Entwicklung gemacht haben und sich verbessert haben. Der eine im Offensivverhalten, der andere im Defensivverhalten. Was zählt, ist aber, dass die komplette Mannschaft als Einheit auf dem Platz funktioniert hat. Das war der Schlüssel in der Hinrunde.

Yotla: Ganz klar das Team um das Team. Auch hier gehört es dazu, danke zu sagen. Was die anderen dort tagtäglich abreißen, ist schon lobenswert. Da denke ich an die Trainer, an unseren Betreuer Matthias Brochhausen, unsere Physios um Richard Ehrhardt und Birte Lantzsch, aber auch an Jürgen Schick. Wie er in dieser Saison alle beisammenhält: Hut ab.

Welcher Spieler hat die größte Entwicklung hinter sich?

El Halimi: Ich würde auch hier keinen einzelnen Spieler nennen. Für mich hat unser Defensivverhalten die größte Entwicklung gemacht. Wir haben 50 Prozent weniger Gegentore im Vergleich zur Hinrunde der letzten Saison kassiert und trotzdem mehr Tore geschossen als zum gleichen Zeitpunkt letztes Jahr. Wir arbeiten insgesamt viel besser gegen den Ball und waren besser abgestimmt. Trotzdem leidet unser Offensivverhalten nicht darunter. Das war sehr wichtig und das ist eine starke Entwicklung, welche sich die Mannschaft im täglichen Training erarbeitet hat.

Yotla: Für mich Louis Klotz. Er hat es geschafft, aus einer schweren Verletzung wiederzukommen. Wie er an sich gearbeitet hat, kenne ich sonst nur aus dem Profibereich.

Wie beschreiben Sie die Art von Fußball, die Ihre Mannschaft spielen soll?

El Halimi: Ich denke, wir spielen einen ansehnlichen, offensiven Kombinationsfußball. Wir forcieren das vertikale Spiel, schnell und direkt. Wir spielen Fußball, um zu gewinnen — und nicht, um nicht zu verlieren. Wir lieben den Offensivfußball. Das sieht man auch daran, dass wir bisher die meisten Tore aller Mannschaften geschossen haben, ohne dass diese sich nur auf einen oder zwei Spieler verteilen. Wir müssen nur die richtige Balance in einem Spiel finden. Das hat bisher gut geklappt, geht aber noch besser.

Yotla: Mein Mentor aus Zeiten der Fortuna sagte mal zu uns: Flach spielen, hoch gewinnen.

Was müssen andere Mannschaften zeigen, um Baumberg von der Spitze zu verdrängen?

El Halimi: Jede Mannschaft schaut nur auf sich selbst. Ich denke aber, dass alle Mannschaften in dieser Liga eine enorme Qualität haben. Wichtig ist eine hohe Konstanz in der eigenen Leistung, um insgesamt oben stehen zu können. Das ist aber nicht so einfach. Wer das schafft, steht am Ende oben.

Yotla: Ich sage es einfach mal ganz frech: Die Lizenz für die Regionalliga beantragen.

Wer sind denn ihre Favoriten für die Meisterschaft?

El Halimi: Ganz klar Schonnebeck, Velbert, Straelen und Hiesfeld. Diese Mannschaften haben die besten Möglichkeiten, sowohl personell und infrastrukturell als auch finanziell.

Yotla: Qualitativ der SV Straelen und Jahn Hiesfeld.

Frage an den Trainer: Welchen Anteil an der Entwicklung hat Redouan Yotla? Immerhin hat Baumberg seit seiner Rückkehr alle sechs Spiele gewonnen.

El Halimi: Hätte er mal bereits im Sommer angefangen, wie ich es wollte, dann wären wir ja jetzt theoretisch noch ungeschlagen. Spaß beiseite. Ich habe mich über seine Rückkehr unheimlich gefreut. Redouan hat sich in der kurzen Zeit sofort an die Arbeit gemacht und im Umfeld einiges geändert und bewegt. Er hat die Mannschaft und das Trainerteam entlastet, damit alle auf und neben dem Feld mehr leisten können. Die meisten kennen ihn ja und kommen super mit ihm aus. Er hat sehr viele Ideen und diese teilweise auch bereits umgesetzt. Ich denke, dass er noch einiges bewegen kann und wird.

Frage an den Fußball-Obmann: Welchen Anteil an der Entwicklung hat Salah El Halimi? Immerhin hat er Baumberg nach dem Abstieg sofort wieder in die Oberliga zurückgeführt.

Yotla: Ganz großen Anteil. Was ich an ihm sehr schätze, sind seine menschlichen Züge, die bei vielen Trainern leider untergehen. Salah kann ohne Probleme verschiedene Charaktere zu einer Einheit formen. Die Kombination Salah und Co-Trainer Paco Carrasco passt perfekt zum aktuellen Kader.

Stimmt es eigentlich, dass sich die Trainer in Baumberg bei Heimspielen einen Raum mit den Schiedsrichtern teilen müssen?

El Halimi: Ja, leider. Wir haben leider nicht die Möglichkeiten wie andere Vereine.

Ist Baumberg mit seinem derzeitigen Umfeld an der Sandstraße in der Lage, sich in der Oberliga vorne zu etablieren?

El Halimi: Es muss sich schon noch einiges tun. Die Verantwortlichen werden das auch versuchen und sind bemüht. Aber da sind wir auf die Hilfe der Stadt angewiesen. Wenn man bedenkt, dass wir zum Beispiel keine Möglichkeit haben, auf Rasen zu trainieren, wenn wir auswärts auf Rasen spielen, dann ist das schon für so eine Stadt mit diesem Haushaltsetat sehr verwunderlich. Auch die Trainingskapazitäten auf der Anlage sind vollkommen ausgeschöpft und wir haben keine Ausweichmöglichkeiten/Alternativen, da auch die Bezirks-Sportanlage immer belegt ist.

Yotla: Nein, ein ganz klares Nein sogar. Die Infrastruktur der Sportfreunde Baumberg ist nicht oberligatauglich. Wir können noch nicht mal Testspiele gegen größere Clubs vereinbaren, ohne auf eine andere Anlage auszuweichen. Wir haben ja noch nicht mal den ganzen Platz an Trainingstagen. Über die Verhältnisse der Kabinen mag ich gar nicht sprechen.

Ist der Traum von der Regionalliga zu verrückt?

El Halimi: Träumen kann man immer und über alles. Das ist das Schöne am Fußball. Man muss nur schauen, was die Realität hergibt.

Yotla: In dem Fall gibt es Träumer und dann diejenigen, die wirklich diesen Traum haben und anpacken, den Traum zu verwirklichen. Wenn wir es schaffen, als Gesamtverein, als Stadt hinter diesem Traum zu stehen, dann kann man diesen Traum haben. Nur quatschen und träumen ist leider der falsche Weg.

Wie beurteilen Sie das Bild, das die Öffentlichkeit von den Sportfreunden Baumberg hat?

El Halimi: Ich weiß nicht, welches Bild sie haben. Ich denke nur, dass es immer viel Gerede gibt ohne tatsächliches Wissen. Wenn die Leute sehen, mit welchem Etat und unter welchen Umständen hier die Ehrenamtlichen, Funktionäre, Trainerteam und Mannschaft arbeiten und wie hart und mit welchem Aufwand, dann hätten sie einen vernünftigen Einblick. Wir haben Spieler durch Freunde überzeugt, ihnen eine Ausbildung/Job vermittelt oder in anderen Dingen geholfen. Das wissen viele nicht. Ohne diese Dinge wäre vieles gar nicht möglich gewesen.

Yotla: Ich habe echt viel Kontakt zu der Szene des Amateurfußballs. Da gibt es zu viele Leute, die einfach keine Ahnung haben. Es wird immer viel gequatscht. Realität ist zurzeit unser Tabellenplatz. Zudem kommt, dass wir neun Spielern den Weg in das Berufsleben ermöglicht haben. Und mehr möchte ich mich gar nicht äußern.

Wenn Sie einen Spieler aus dem internationalen Fußball frei aussuchen und nach Baumberg holen könnten — wen würden Sie nehmen?

El Halimi: Keiner würde auf Kunstrasen spielen wollen…….

Yotla: Den haben wir schon: Robin Hömig.

Christian Ehlers führte das Gespräch.