Monheim/Leverkusen Umstritten: NRW will Rhein tieferlegen

Monheim/Leverkusen · Nach den Plänen von Minister Groschek soll die Fahrrinne bis Köln vertieft werden. Naturschützer fürchten um Fische.

Eigentlich sind 30 Zentimeter nicht viel. Doch in der Schifffahrt machen 30 Zentimeter manchmal den entscheidenden Unterschied aus. Sie sorgen etwa dafür, dass größere Schiffe, die den Duisburger Hafen noch erreichen, weil dort eine Wassertiefe von 2,80 Meter herrscht, nicht mehr zum Leverkusener Chempark-Hafen oder nach Köln-Niehl weiterfahren können. Denn auf dem Teilstück vorbei an Monheim bringt es der Rhein bei der mittleren minimalen Wassertiefe nur auf 2,50 Meter.

Das möchte NRW Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) jetzt ändern: Er hat deshalb beim Bundesverkehrsministerium das Projekt "Rheinvertiefung" angemeldet. Damit soll die Kapazität für den Güterverkehr erweitert werden. Künftig könnte dann von der niederländischen Grenze bis nach Köln - später sogar Bonn - eine Fahrrinnentiefe von 2,80 Meter garantiert werden.

Das Projekt fließt in den neuen Bundesverkehrswegeplan ein, den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) noch in diesem Jahr vorstellen möchte. Zurzeit werde noch geprüft, heißt es aus dem Ministerium, im Herbst soll es dann einen ersten Entwurf geben.

Doch schon jetzt regt sich Protest: Experten zufolge würde zwar die Kapazität des Rheins als Wasserstraße im Falle einer Vertiefung deutlich steigen. Schiffe könnten dann vermutlich bis zu 1000 Tonnen mehr Fracht je Fahrt aufnehmen. Umweltschützer sorgen sich jedoch um die Fischvielfalt. Ein Zusammenschluss verschiedener Naturschutzverbände fürchtet um Lachs, Maifisch und Nordseeschnäpel, deren Laichgebiete in Gefahr geraten könnten. Bei Erich Schulz, dem Vorsitzenden des Naturschutzbundes Nabu in Leverkusen, war das Thema einer Vertiefung gestern zwar noch nicht angelandet - doch auch er kündigt an: "Wir werden uns schlaumachen." Gelegenheit dazu soll es reichlich geben: für den Bundesverkehrswegeplan ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen.

Auch für das Unternehmen Currenta hätte die Rheinvertiefung Folgen. Es betreibt einen der größten Häfen in NRW im Chempark Leverkusen - und der ist bisher nur für den bisherigen Tiefgang von maximal 2,50 Meter ausgelegt. "Wir müssten also Konsequenzen ziehen", sagt Currenta-Sprecher Michael Nassenstein. Noch gebe es aber keine konkreten Pläne.

Erst vor wenigen Jahren hat Currenta die Kaimauer für 4,5 Millionen Euro erweitern lassen. "Wir haben 35 sehr dicke Festmacher installiert. Die sind für 135-Meter-Schiffe ausgelegt, die größten Schiffe, die auf dem Rhein fahren dürfen", betonte Ralf Nötzke, zuständig für die Infrastruktur im Chempark, im vorigen Jahr. Die großen Schiffe hätten viel Wumms, Nötzke sprach von 300 Kilonewton Zugkraft. "Wir haben die Kaimauer deswegen extra rückwärtig bis in den Chempark verankert." Erfahrung mit Höhenlagen-Ausgleich unter Wasser hat Currenta bereits: Der Hafen reicht 40 Meter in den Fluss hinein. Einmal im Jahr gibt es eine Peilung. Anschließend wird die Höhenlage zwischen Schifffahrtsrinne und Hafenbereich gegebenenfalls ausgeglichen.

Für den neuen Düker, den Rohrleitungstunnel unter dem Rhein, den Currenta bauen will, spiele die Tieferlegung keine Rolle, betont Nassenstein. Der Tunnel soll neun Meter unter dem Rhein (jetzige Tiefe) unter anderem giftiges Kohlenmonoxid transportieren. Weder für die Sicherheit noch für alles andere hätten die 30 Zentimeter Relevanz.

(RP)
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