Monheim Vom Nothaushalt zur reichen Gebergemeinde

Monheim · Monheims finanzielle Lage ist stabil stark, das eröffnet Spielraum für viele, längst fällige Investitionen.

 "Die Finanzlage in Monheim ist stabil stark", freut sich Kämmerin Sabine Noll. Ohne den Kommunal-Soli wäre das Ergebnis noch besser.

"Die Finanzlage in Monheim ist stabil stark", freut sich Kämmerin Sabine Noll. Ohne den Kommunal-Soli wäre das Ergebnis noch besser.

Foto: MATZERATH

Das menschliche Gehirn versteht sich meisterlich darauf, negative Erinnerungen zu verdrängen, deshalb muss man sich die Haushaltslage der Stadt Monheim im Jahre 2009 noch einmal deutlich ins Bewusstsein zurückholen, um die aktuelle Situation angemessen würdigen zu können. Als "Herrn der Haushaltslöcher" betitelte eine Sommerserie der RP den damaligen Kämmerer Max Herrmann. Der Fehlbetrag im Haushalt 2009 belief sich auf 18 Millionen Euro, einem neuerlichen Haushaltssicherungskonzept entging die Stadt nur, indem sie die Ausgleichsrücklage von 14 Millionen Euro vollständig aufzehrte.

Die Wende kam 2011: Rechnete die Gemeinde noch im Januar mit einem Fehlbetrag von 16 Millionen Euro, konnte der Kämmerer am Ende des Jahres einen ausgeglichenen Haushalt mit einem Überschuss von gar 18 Millionen Euro ausweisen. Dies eröffnete Monheim den nötigen Handlungsspielraum, um die Gewerbesteuer von 435 auf 300 Punkte zu senken, was in der Folge die Gewerbesteuern sprudeln ließ. Es brachte der Stadt allerdings auch den Vorwurf ein, sie betreibe Wirtschafts-"Kannibalismus" an ihren Nachbarn. Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach gar von einer "Steueroase".

Die Finanzlage Der aktuelle Haushalt 2014 weist einen Überschuss von 21,4 Millionen Euro aus, einem Aufwand von 158 Millionen steht ein Ertrag von 279 Millionen Euro gegenüber. Die für das laufende Jahr erwarteten Gewerbesteuereinnahmen - der Ansatz wurde zu Beginn des Jahres auf 285 Punkte gesenkt - betragen 200 Millionen Euro. "Die Finanzlage ist stabil stark", sagt Kämmerin Sabine Noll. Es habe sich herauskristallisiert, dass die Gewerbesteuererträge "keine Eintagsfliege sind, sondern sich zu stabilisieren scheinen". Ohne den Kommunal-Soli zugunsten überschuldeter NRW-Städte, der die Stadt Monheim mit jährlich 23,5 Millionen Euro belastet, wäre das Ergebnis freilich noch besser. Die Klage gegen den Soli werde vermutlich im Herbst eingereicht.

Stadtplanung "In den Jahren der Finanzknappheit konnte vieles nicht angegangen werden, weil kein Personal da war", erinnert sich Stadtarchivar Michael Hohmeier. "Um die Stadt nicht veröden zu lassen, half die Sparkassenstiftung, freiwillige Leistungen wie die Stadtbibliothek und das Kulturprogramm aufrechtzuerhalten." Folglich schlägt sich der neue Wohlstand vor allem in Neueinstellungen nieder, die den Tiefbau, die Wirtschaftsförderung, die Feuerwehr und die Kitas betreffen, sagt Personalchef Martin Frömmer. Der Stellenplan 2014 weist insgesamt 90 Stellen mehr auf als 2009, was vor allem auf die Eingliederung von Bibliothek und Betriebshof zurückzuführen ist.

Der Personalzuwachs ist zu einem großen Teil dem städtebaulichen Nachholbedarf geschuldet: Die Stadt nutzt längst überfällige Kanalsanierungen, um die Krischerstraße, die Hofstraße und in Baumberg die Hauptstraße umzugestalten. Dazu hat sie ein umfangreiches Straßendecken-Sanierungsprogramm aufgelegt. Auch den jungen Monheimern kommen die Erträge aus der Gewerbesteuer zugute: Alle Schulhöfe werden umgestaltet, vier Grundschulen erhalten Neu- oder Anbauten, um bessere Lernbedingungen zu schaffen. Um die im Brandschutzbedarfsplan angemahnte miserable Unterbringung der Feuerwehr zu verbessern, wird für 18,5 Millionen Euro die alte Wache umgebaut und erweitert. Die Musikschule will die Verwaltung an einem Standort zusammenziehen. Der Neubau soll 4,1 Millionen Euro kosten. Baubeginn ist im Juni. Außerdem soll die Altstadt einer Verjüngungskur unterzogen werden, dies beinhaltet nicht nur ein Facelifting - ermöglicht durch das mit 50 000 Euro ausgestattete Fassadenprogramm, sondern auch handfeste Wiederbelebungsbemühungen, etwa durch die städtischerseits geförderte Ansiedlung von Gaststätten. Nach jahrelanger Blockade des Sportstättenkonzepts wird nunmehr im Osten Baumbergs eine neue Bezirkssportanlage gebaut werden. Auf der letzten größeren Freifläche im Stadtgebiet wird das Neubaugebiet Waldbeerenberg mit 120 bis 130 Wohneinheiten entstehen.

Soziales: Der unverhoffte Reichtum der Gemeinde ändert freilich nichts an der prekären Lage vieler Bürger. Die Elternstudie hat jüngst offenbart, wie hoch der Anteil der Kinder gerade im Berliner Viertel ist, die in Hartz-IV-Familien aufwachsen, er liegt bei den Unter- Zehnjährigen bei mehr als 40 Prozent. Kürzlich wurde die Beitragsfreiheit für den Besuch von Kindergarten und der Offenen Ganztagsschule eingeführt.

Freizeit In diesem Jahr beginnen die Bauarbeiten für den Landschaftspark im Rheinbogen. Kosten: 2,1 Millionen Euro. Er ist auch Bestandteil des Tourismuskonzepts, das die vorbeifahrenden Radfahrer in die Stadt hineinziehen und für bessere Übernachtungszahlen sorgen soll.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort