Analyse Was die Rhetorik über Asylpolitik sagt

Langenfeld/Monheim · Während Langenfelds Bürgermeister Frank Schneider (CDU) vor einer Überforderung von Stadt und Bürgern durch die Flüchtlingswelle warnt, folgt sein Monheimer Amtskollege Daniel Zimmermann (Peto) der "Wir schaffen das"-Parole der Kanzlerin (CDU).

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Es gibt Wörter, die stehen im liberal-urbanen Milieu dieses Landes auf dem Index. "Asylant" zählt unbedingt dazu. Deshalb schüttelte Mechthild Schulze Tenberge (Grüne) kürzlich im Langenfelder Stadtrat missbilligend den Kopf, als Bürgermeister Frank Schneider (CDU) fortwährend von "Asylanten" sprach. Bei den Grünen und auch in weiten Teilen der Volksparteien nennt man Asyl begehrende Einwanderer "Flüchtlinge", allenfalls zulässig sind noch "Asylbewerber/-suchende". Beides ist formal korrekt und atmet Schutzbedürftigkeit.

Ganz anders der "Asylant". Klingt schroff wie Querulant oder Simulant. Schneider schert das nicht. Der Christdemokat macht auch keinen Hehl daraus, dass er seine Stadt durch die Einwanderungskrise sehr belastet sieht.

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
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Vor drei Jahren lebten in Langenfeld 90 Asylbewerber, in dieser Woche dürfte nach Zuweisung von etwa 30 weiteren die 500er-Marke überschritten werden. Hinzu kommen rund 100 Flüchtlinge in den Erstaufnahme-Einrichtungen.

Durch die Belegung von allein drei Turnhallen und einer Ausweichhalle ist inzwischen der Vereinssport erheblich betroffen. So musste die Sportgemeinschaft (SGL) nach eigenen Angaben zirka 40 Kurse von der Grundschulhalle in Wiescheid ausquartieren oder streichen.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Die Fakten geben es also durchaus her, besorgt zu sein. Zumal vorerst kein Ende des Zustroms von Menschen aus dem kriegsverheerten Nahen Osten absehbar ist. "Wir haben das bisher im Griff, schaffen bis zum Frühjahr Aufnahmekapazitäten für mehrere hundert weitere Flüchtlinge", versichert Schneiders Stellvertreterin Marion Prell, die Unterbringung und Betreuung federführend organisiert. "Nur: Die Kollegen können bald nicht mehr, die drehen irgendwann am Rad", warnt auch sie.

In Monheim herrscht dagegen heile Welt - zumindest den Aussagen von Bürgermeister Daniel Zimmermann (Peto) nach zu urteilen. Sätze wie "Man kriegt kaum noch Doppelstockbetten" oder "Es kommen viele Ungelernte - die wandern eins zu eins in unsere Sozialsysteme" (jeweils Schneider) kämen ihm nicht über die Lippen. Stattdessen informiert seine Pressestelle darüber, dass drei Erstaufnahme-Flüchtlingen als offiziell anerkannte Asylbewerber, darunter der schon fast sprichwörtliche syrische Arzt (neben einer Künstlerin und einem Architekten) zurückgekehrt seien. "Die besonders schöne Perspektive für diese Menschen: Sie haben die Möglichkeit, sich auch beruflich zu integrieren, während das Asylverfahren läuft. So wird die Frau in der Kunstschule aktiv, der Arzt unter anderem beim Kreisgesundheitsamt. Bürgermeister Daniel Zimmermann hatte sich persönlich dafür eingesetzt, dass die drei im Rahmen der Zuweisung zurück nach Monheim kommen können."

Tatsächlich hat die Rheingemeinde an der Einquartierung von 359 Asylbewerbern (plus 136 Erstaufnahme-Flüchtlinge) ebenfalls ordentlich zu tragen. Zimmermann verkauft es aber nach der "Wir schaffen das"-Parole à la Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Bei der Vorstellung seiner neuen Ordnungsdezernentin Christiane Schärfke Ende August soll er sogar bekundet haben, die Warnungen anderer Bürgermeister vor einem "kollabierenden System" nicht ernst nehmen zu können. Statt mit 2012 vergleicht er 2015er-Asylbewerberzahlen mit 1945/46: Gegenüber der Flüchtlingswelle nach dem Zweiten Weltkrieg falle der "1,5 Prozent" Flüchtlingsanteil an der Gesamtbevölkerung "nicht ins Gewicht", sagte Zimmermann Ende August.

(gut)
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