Analyse Wenn Bürgermeister die Rote Karte zücken

Langenfeld/Monheim · Sitzen exponierte Rathaus-Mitarbeiter auf einem Schleudersitz? Der aktuelleEindruck aus Monheim trügt. Knall-auf-Fall-Kündigungen sind eher selten

Nach der Leiterin des Bereichs Jugend nun der Chef der Volkshochschule: Binnen Jahresfrist mussten in Monheims Stadtverwaltung zwei exponierte Mitarbeiter ihren Posten räumen - Knall auf Fall. Ist das Arbeiten an herausgehobener Stelle unter einem Bürgermeister wie ein Trainerjob im Profi-Fußball? Nimmt man als Dezernent oder Amtsleiter auf einem Schleudersitz Platz? Nein, der momentane Eindruck aus Monheim trügt. Aus den letzten 20 Jahren wollen uns nur vier Fälle einfallen, in denen Bürgermeister die Rote Karte zückten. Beigeordnete ade In ihrer Amtszeit bekam Langenfeld sein Kulturzentrum. Für Christine Winkler aber, in den 90er Jahren quasi personell das Kulturzentrum der Stadt, fiel nach acht Amtsjahren der Vorhang. Heruntergelassen hatte ihn Bürgermeister Magnus Staehler. Der CDU-Politiker wandte sich im Jahr 2000 gegen die Wiederwahl seiner "Parteifreundin" als Beigeordnete für Schule, Sport und Kultur. Staehler und die CDU-Ratsmehrheit waren der Meinung, Langenfeld brauche keine zweite Beigeordnete. Mit Blick auf den Entschuldungskurs der Stadt setzten sie statt dessen auf eine schlanke Hierarchie. So wurden Jugend und Sport einem von fünf neuen Fachbereichen zugeschlagen. Die Kultur übernahm der Bürgermeister selbst. Auf diese Weise wurde Staehler eine Kollegin los, mit der er nicht konnte. Für die promovierte Philosophin war damit die Verwaltungskarriere zu Ende. In Soest wäre Winkler gerne Erste Beigeordnete, in Bonn Kulturdezernentin geworden. In beiden Fällen scheiterte sie vor den Augen der Öffentlichkeit.

Korruptionsskandal Im Sommer 2010 erschütterte das Langenfelder Rathaus ein Korruptionsskandal: Mitarbeiter des städtischen Betriebshofs sollen sich jahrelang an Elektroschrott bereichert, sein Chef und ein leitender Mitarbeiter zudem am Erstellen von Scheinrechnungen zu Lasten der Stadt mitgewirkt haben. Bürgermeister Frank Schneider feuerte beide und einen weiteren Mitarbeiter. Unter anderem wegen Formfehlern erklärte das Arbeitsgericht die Kündigungen für nichtig. Zwei Mitarbeiter kehrten an ihre Arbeitsplätze zurück, der Leiter wurde 2013 nach einem Vergleich abgefunden. Er hatte die Vorwürfe stets bestritten und von "hochgradigem Mobbing" gesprochen. Der Betriebshof bekam einen neuen, jungen Chef. Fünf Monate im Amt Bei ihrer Vorstellung lobte Bürgermeister Daniel Zimmermann ihre "breite Erfahrung in der Jugendhilfe" und "ausgezeichnet" zu Monheim passende Motivation. Doch nach fünf Monaten war Andrea Griese-Pelikan ihren Job schon wieder los. "Die Zusammenarbeit lief nicht so, wie man sich das wünschte", begründete Zimmermann im Juni 2015 die Trennung von der Kurzzeit-Bereichsleiterin für Kinder, Jugend und Familie "in gegenseitigem Einvernehmen". Was war passiert? Fest steht, dass die Endfünfzigerin sich nicht scheute, Missstände in der "Hauptstadt für Kinder" zu benennen, etwa die Kluft zwischen angekündigter und tatsächlicher U3-Betreuungsquote. Außerdem wies Griese-Pelikan wiederholt auf Überbuchungsprobleme hin, die Gratis-Kitaplätze mit sich bringen.

Rätselhaft Seit knapp einer Woche rätselt Monheim darüber, was sich zwischen dem langjährigen VHS-Chef Wilfried Kierdorf (60) und Zimmermann zugetragen hat. Der Bürgermeister spricht von "immensem Fehlverhalten" und einem irreparabel beschädigtem Vertrauensverhältnis. Deshalb habe er keine Wahl gehabt, als Kierdorf fristlos zu entlassen. Gegen die Nichtzustimmung des Personalrats hat Zimmermann vor dem Verwaltungsgericht geklagt.

(gut)
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