Monheim Wenn's Baby nicht brabbelt

Düsseldorf · Bei Auffälligkeiten in der frühkindlichen Entwicklung sind Familie, Freunde und der Kinderarzt in der Regel die ersten Ansprechpartner. Spezifischen Rat bietet die Frühförderung der Lebenshilfe Kreis Mettmann.

Frühförderung bei Kleinkindern heißt, Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen rechtzeitig zu erkennen. RP-Redakteurin Petra Czyperek sprach mit Birgit Cordes-Lacerenza (41), Leiterin der pädagogischen Frühförderung der Lebenshilfe im Kreis Mettmann, über individuelle Ansätze.

Leistungsdenken beginnt oft schon in der Krabbelgruppe: Eltern vergleichen dort bereits die Entwicklung ihres Kindes mit den Kenntnissen und Fähigkeiten der Spielgefährten. Dennoch sind viele Eltern unsicher wie sie ihre Kinder fördern können.

Cordes-Lacerenza Wir betreuen die ganz kleinen Kinder bis drei Jahren. Da spielt das Konkurrenzdenken noch nicht so eine große Rolle. In den Krabbelgruppen fangen die Vergleiche natürlich an. Eltern sehen vielleicht, dass ihr Kind noch nicht so fit ist wie andere. Viele Eltern wissen in dieser Situation aber nicht genau, was sie tun müssen. Weil es die typische Großfamilie in der Regel nicht mehr gibt, sind sie unsicher, an wen sie sich wenden können. Es fehlen Vorbilder und Ansprechpartner.

Wann ist der Zeitpunkt gekommen, dass sich Eltern Sorgen machen müssen?

Cordes-Lacerenza Das ist sehr individuell. Es gibt natürlich Merkmale und Altersgrenzen, bis wann Kinder etwas können sollen. Beispielsweise mit 15 Monaten laufen. Aber es gibt sehr viele Bereiche, auf die man achten muss. Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Kommunikation zwischen Eltern und Kind. Wenn ein Kind nicht anfängt zu brabbeln oder der Augenkontakt fehlt, sind das Alarmzeichen. Viele Eltern wissen intuitiv, da stimmt was nicht, lassen sich aber häufig von Kinderärzten vertrösten oder beruhigen. Ihnen wird in diesen Fällen oft geraten, erst einmal abzuwarten.

Haben Sie diese Erfahrung in der Frühförderung selber gemacht?

Cordes-Lacerenza Es ist schon manchmal so. Einige Eltern sind vielleicht auch erst einmal froh, wenn der Arzt sagt, es sei alles in Ordnung.

Ist denn der Kinderarzt trotzdem der erste, den Eltern zu Rate ziehen sollten?

Cordes-Lacerenza Er ist natürlich immer der erste Ansprechpartner. Wenn Eltern mit der Diagnose nicht einverstanden sind, können sie sich direkt an die Frühförderung wenden. Dann wird im Aufnahmeverfahren die Clearing-Stelle des Kreises Mettmann als neutrale Institution eingeschaltet. Die Kinderärztin und die Sozialpädagogin begutachten das Kind noch einmal und prüfen, ob und welcher Förderbedarf da ist.

Welche Kinder bekommen in der pädagogischen Frühförderung Unterstützung?

Cordes-Lacerenza Es ist ein breites Spektrum. Alle frühgeborenen Kinder haben Anspruch auf Frühförderung. Entwicklungsverzögerte Kinder, Kinder mit Behinderungen, beispielsweise dem Down-Syndrom oder mehrfach behinderte Kinder, bekommen Unterstützung. Wir geben aber auch ganz jungen Eltern oder sozial schwachen Familien Hilfestellung und leiten sie an.

Welche Rolle spielen die Eltern?

Cordes-Lacerenza Eltern werden mit eingebunden. Sie sind insbesondere bei den kleinen Kindern mit dabei und schauen, wie wir mit ihnen umgehen. Dadurch sind wir Vorbild. Die Eltern können Verhaltensmuster übernehmen, beispielsweise bei der Babymassage. Wir richten den Focus immer auf das Kind. Gerade bei jungen Eltern kann es sein, dass sie noch sehr mit sich selbst beschäftigt sind und die Bedürfnisse des Kindes deshalb gar nicht so gut erkennen können. Wir weisen auch auf kleine Fortschritte deutlich hin. Das ist besonders bei mehrfach und schwer behinderten Kindern sehr wichtig. So beschäftigen uns bei der Förderung weniger die Defizite, sondern wir legen unser Augenmerk darauf, was ein Kind mitbringt.

Wie lange ist ein Kind in der Frühförderung?

Cordes-Lacerenza Die Clearing-Stelle gibt den Zeitrahmen vor. Zunächst wird maximal ein Jahr genehmigt. Bei Bedarf kann die Förderung verlängert werden. Längstens bis zum Eintritt in den Kindergarten. Dort machen wir mit den Erziehern eine Übergabe und informieren sie über den Entwicklungsstand.

Was passiert in der Förderung?

Cordes-Lacerenza Die Heilpädagogen und Sozialpädagogen kommen überwiegend nach Hause und bringen Material mit. Das ist sehr individuell. Federn für die Kleinen beispielsweise, um die Körperwahrnehmung anzuregen. Steckspielzeug für die Größeren, um deren Feinmotorik zu fördern. Wir singen auch viel mit den Kindern, das ist ganz wichtig für die Kommunikation, Kognition und Sprachentwicklung.

(RP)
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