Norbert Alich "Wir beleidigen uns am liebsten gegenseitig"

Langenfeld · Heute gastieren Pause und Alich mit ihrem aktuellen Kabarettprogramm "Früchte des Zorns" im Baumberger Bürgerhaus.

Norbert Alich: "Wir beleidigen uns am liebsten gegenseitig"
Foto: Melanie Grande

Herr Alich, seit 25 Jahren begleiten Sie mit Rainer Pause kabarettistisch das Geschehen in Deutschland - als "Fritz Litzmann" und "Hermann Schwaderlappen" . Zornig war Ihr Duo schon immer; diesmal ist der Zorn sogar Programm. Was erwartet die Besucher in Baumberg?

Alich In erster Linie ein unterhaltsamer Abend - mit Dialogen Monologen und Liedern über Dinge, die sich seit Jahren einfach nicht ändern wollen. Europa am Abgrund, Bomben in Kiew und der Russe vor der Tür. Volkszorn erobert die Plätze der Welt. Früchte platzen, wenn sie reif sind. Früchte des Zorns. Aber es rollen nicht die Köpfe der Mächtigen. Ist Helmpflicht eine Lösung? Der Garten Eden ist fern. Dummheit, Ignoranz und Habgier sind die Regenten weltweit. Aber Fritz und Hermann tun seit mittlerweile 25 Jahren genau das, was von ihnen erwartet wird: Sie kämpfen, aufrecht.

2011 waren Sie in der Monheimer Aula, jetzt kommen Sie ins Baumberger Bürgerhaus. Seitdem Monheim seine Schulden abgetragen hat, will es seine Solidarität gegenüber verschuldeten Kommunen begrenzen. Sind Schulden und Solidarität ein Thema für Pause und Alich?

ALICH Für uns ist alles ein Thema, wenn uns denn dazu lustige, erhellende Texte einfallen. Aber - verzeihen Sie unsere Ignoranz den Monheim-Baumberger kulturpolitischen Themen gegenüber - davon hatten wir bis dato nie was gehört. Gehört Baumberg nicht zu Monheim? Wie hat Monheim seine Schulden abgetragen? Könnte man da mal Auskunft drüber haben? Unsere Stadt Bonn ist dermaßen verschuldet und braucht dringend Ratschläge, wie man da raus kommen könnte. Überhaupt: Jede Kommune im Land wäre daran interessiert. Vielleicht könnte Bonn die eine oder andere gewerbesteuerzahlende Firma abwerben oder so.

Im Jahr der Wiedervereinigung gegründet, verkörpern "Litzmann" und "Schwaderlappen" ein Stück "alte" Bundesrepublik. Wie hat sich Ihr Duo in diesem Vierteljahrhundert politisch verändert?

ALICH Wir waren immer für die Wiedervereinigung. Nur, wer hätte denn gedacht, dass man das jemals erleben muss? Dieser Satz, Bestandteil unseres ersten Programms, ist heute noch irgendwie gültig. Sobald in den neuen Bundesländern mal wieder was passiert wie Pegida-Spaziergänge oder Asylantenheim-in-Brand-Setzen oder dergleichen, fällt mir der Satz wieder ein. Also, wir sind die Alten geblieben, aber immer wieder anders, konfrontiert mit neuen Phänomenen, altersmilde, weise, albern und hoffentlich immer wieder lustig. Das war und bleibt unsere Grundhaltung.

Ihr Publikum liebt Sie für Ihre messerscharfen Pointen, die auch mal wehtun. Gibt es für Sie eine Schmerzgrenze, die Sie nicht überschreiten würden?

ALICH Es gibt keinen Katalog von Schmerzgrenzen, an den wir uns halten. Grundsätzlich beleidigen wir uns lieber gegenseitig als andere Leute. Daran hat das Publikum Spaß und kennt überhaupt keine Schmerzgrenze. Darüber sollte es sich mal Gedanken machen.

Wieviel Pause und Alich steckt in "Litzmann" und "Schwaderlappen"?

ALICH Das sind so Fragen ... Es sind Kunstfiguren, Typen, die es so nicht gibt und gleichzeitig doch. Rechthaberische, chauvinistische, mit den widersprüchlichen Zeitläuften kämpfend wie Don Quijote mit den Windmühlen. Wenn sich die Zuschauer darin wiedererkennen, zumindest in Ausschnitten, dann ist unser Ziel erreicht. Unsere "Privatpersonen" treten da weit in den Hintergrund.

Was schätzen Sie an den kleineren Tourneeorten wie Baumberg?

ALICH Baumberg ist einer der schönsten Orte Deutschlands, denn es liegt am Rhein und nicht weit weg von Bonn. Das sind große Vorteile. Und seine Einwohner gehören mit zu den besten Kabarett-Zuschauern, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. Genügt Ihnen das?

Mit Norbert Alich sprach Daniel Gehrmann.

(dgn)
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