Monheim "Wir helfen Menschen in Not"

Monheim · In der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes in Monheim gilt Bangemachen nicht. Sondern Annehmen, Falten und Sortieren

 Katharina Albien und Heike Ogon (v. li.) arbeiten gemeinsam in der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes. Sie verteilen zurzeit warme Kleidung an Flüchtlinge und andere Bedürftige.

Katharina Albien und Heike Ogon (v. li.) arbeiten gemeinsam in der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes. Sie verteilen zurzeit warme Kleidung an Flüchtlinge und andere Bedürftige.

Foto: RALPH MATZERATH

Viele kommen nur in Flip-Flops. Tragen T-Shirts und kurze Hosen. So wie sie die letzten 5000 Kilometer halt überwunden haben. Doch nun naht der Winter. Und da ist es ganz gut, dass Heike Ogon mittlerweile einen Blick für Kleidergrößen hat. Eigentlich fährt sie Behinderte für das Deutsche Rote Kreuz. Seit Juni unterstützt sie die Kleiderkammer. Ogon zupft eine dicke Hose aus dem Stapel und packt eine Winterjacke oben drauf. Vielleicht finden sich auch noch ein paar feste Schuhe oder Stiefel, obwohl die Herrengrößen 39 bis 42 Mangelware sind in der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes an der Grabenstraße. Also: Keine Schuhe dieses Mal, aber der Rest passt. Der Nächste, bitte! Schon bevor die Flüchtlinge kamen, hatte sich die Zahl der Besucher in der DRK-Kleiderkammer in Monheim verdoppelt. Von 30 bis 40 auf 60 bis 80 Menschen pro Tag. Doch nun ist jeden Tag Betrieb.

"Erst kamen die Ostdeutschen, dann die Aussiedler, jetzt die Flüchtlinge", sagt Katharina Albien, 76, die "Chefin". Sie würde wahrscheinlich abwinken bei dem Begriff, aber über ihren Tisch ist noch jede internationale Krise der vergangenen dreieinhalb Jahrzehnte gegangen. Die Flucht der damaligen DDR-Bürger, der Zuzug der Balkan-Flüchtlinge. Menschen aus den Staaten des ehemaligen Ostblocks. Katharina Albien hat Kleiderspenden gesammelt, sortiert, gefaltet, ausgegeben. Und es ist diese Selbstverständlichkeit, der völlig unaufgeregte Ton in ihrer Stimme, der eigentlich jeden Krakeeler bis auf die Knochen blamiert und für immer verstummen lassen müsste. Ob er nun Bundesminister ist oder Pegida-Hetzer. Katharina Albien lässt sich von niemandem Angst machen: "Die Menschen sind in Not, also müssen wir ihnen helfen."

Von tränenreichem Gut-Menschentum sind sie und Christian Niedermeyer, 64, weit entfernt. Sie haben schon einige Menschen gesehen, die mehr einsackten, als sie jemals brauchen würden. Sie haben Kinderwagen umgekippt im Gebüsch gefunden, nachdem sie diese erst Stunden zuvor ausgeben hatten. Ja, sagen die Beiden. Das hat es alles gegeben, aber es waren absolute Ausnahmen: "Die allermeisten, weit über 90 Prozent, sind sehr dankbar." Das sagt Katharina Albien bestimmt und schaut dem Zuhörer direkt in die Augen. Was alle in der Monheimer Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes freut, ist die Spendenbereitschaft der Bürger. Sämtliche Fahrzeuge der Hilfsorganisation stehen draußen, denn in der Garage stapeln sich die Kleiderkartons. Ebenso im Veranstaltungsraum.

"Wir sind überwältigt von dem, was wir erhalten", sagt Katharina Albien. Insgeheim befürchteten sie, dass der Zufluss an Spenden irgendwann nachlassen würde. Tut er aber nicht. Die Monheimer und Baumberger haben ein großes Herz - und volle Schränke, wie es scheint.

Dennoch gibt es Mangelware. "Momentan brauchen wir Wintersachen aller Art, festes Schuhwerk, warme Babykleidung, langärmlige Blusen und Hemden. Und Mützen, Schals, Handschuhe", sagt Niedermeyer. Viele Flüchtlinge und deutsche Empfänger bedanken sich sehr. Katharina Albien sagt: "Das ist unser schönster Lohn. Mehr wollen wir nicht." Und dann läuft die 76-Jährige wieder die steile Holztreppe hoch: "Manchmal tun mir abends die Arme weh, vom vielen Zusammenlegen."

(dne)
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