Baumberg Zaunkönig ist der fleißigste Nestbauer

Baumberg · In der Vogelwelt hat die Bauwirtschaft derzeit Hochkonjunktur: Es wird Material herangeschleppt, geordnet, verwoben, es wird gemauert und gehämmert, gespachtelt und gepolstert. "Der Profi kann am Nest erkennen, welcher Vogel der Baumeister war", sagt Elke Löpke, Leiterin der Biologischen Station Haus Bürgel.

 Der Ökologe Moritz Schulze befasst sich auch mit den Brutbedingungen heimscher Vögel.

Der Ökologe Moritz Schulze befasst sich auch mit den Brutbedingungen heimscher Vögel.

Foto: RALPH MATZERATH

In Aussehen und Stabilität ähnelt das Napfnetz der Singdrossel einer Kokosnuss. In der Außenhülle erkennt man Altgrashalme, Moos und kleine Zweige, innen sind die Wände mit Lehm glatt verputzt. Die Sammlung der Biologin beherbergt auch das sehr luftig und locker aus Pappelsamen und Grashalmen geflochtene Nest einer Mönchsgrasmücke, die eine solch stabile Mulde als Unterkonstruktion genutzt hat.

Der Hausbau ist in der Regel das Gemeinschaftswerk eines Vogelpaares. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie den Zaunkönig, der mit seinen architektonischen Fähigkeiten beim weiblichen Geschlecht punkten will. "Das Zaunkönig baut mehrere der kugelförmigen Nester mit seitlichem Flugloch und das Weibchen sucht sich das Schönste aus", sagt Löpke. "Ihm wird allerdings auch Vielweiberei nachgesagt - weswegen sich die viele Arbeit vielleicht doch lohnt", erklärt sie augenzwinkernd. Auf jeden Fall gebe er sich mit der Innenausstattung große Mühe: Die Nester sind dick mit Moos gepolstert.

Eine Kuriosität ist das Nest eines Pirols, das der Vogel in 30 Metern Höhe freischwingend zwischen zwei Ästen einer Pappel aufgehängt hatte. "In dieser Höhe ist es dem Wind stark ausgesetzt, die Jungen müssen da schon ziemlich seefest sein", sagt Löpke. In die kunstvoll verwobene Außenhülle hat der Vogel auch allerlei Zivilisationsmüll, wie Klebestreifen und Geschenkband, eingearbeitet. Innen ist das Nest aber - ganz öko - mit Moosen und Tierhaaren gepolstert. Mit Schafswolle als Innenrichtung für die Kinderstube hat der Zilpzalp die Luxusvariante gewählt.

Mit einer voll ausgestatteten Mietwohnung versucht das Team der Biologischen Station seit neuestem den Storch als Mieter anzuwerben. Das kronenförmige Holzgestell auf dem Dach der Stallungen wurde mit Weidezweigen, Stroh und Pferdemist ausstaffiert. Um Meister Adebar vorzugaukeln, der Standort werde von seinen Artgenossen gut angenommen, wurde das Dach mit weißen Farbklecksen gesprenkelt. "Auch die Jagdgründe sind gegeben: Durch das Altrheinprojekt haben wir wieder viele Feuchtwiesen und Mulden mit Jungfischen und -fröschen", so Löpke.

Optimale Baubedingungen herrschen für Rauchschwalben natürlich in den Ställen von Haus Bürgel. "Sie brauchen lehmige Pfützen, um genug Baumörtel für ihre Nester zur Verfügung zu haben", sagt Moritz Schulze, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station. Als Koloniebrüter vergesellschaften sie sich gerne mit anderen Paaren. "Unter Nachbarn warnt man sich gegenseitig vor Gefahren", sagt er.

Für viele der Bodenbrüter in der Kämpe setzt die landwirtschaftliche Nutzung enge Grenzen: Die Feldlerche scharrt meist am Feldrand oder in den Grünstreifen von Feldwegen eine Bodenmulde aus und legt sie mit Blättern und Gräsern aus. "Die Vögel haben aber oft keine Gelegenheit, ihre Jungen rechtzeitig vor dem Einsatz der Landmaschinen durchzubringen", erklärt Schulze.

Eine öffentliche Wohnungsförderung erhält auch eine Höhlenbrüterin wie die Schleiereule auf Haus Bürgel, die Nistkästen hängen inhäusig in großer Höhe. "Sie brauchen sehr viel landwirtschaftliches Umland oder Ställe, um Mäuse jagen zu können", so Schulze. Einige der Nisthilfen an den Dächern wurden allerdings von Mietnomaden in Beschlag genommen, durch nicht heimische Rostgänse, so Löpke. "Aber es ist schon beeindruckend, wenn die nicht flugfähigen Küken vom Dach heruntergleiten, um dann zur nächsten Wasserstelle weiter zu wandern." Wer solche vermeintlich hilflosen Nestflüchter findet, sollte sie nicht mit nach Hause nehmen, warnt Schulze. "Man kann sie aber zum Schutz vor Räubern an eine erhöhte Stelle setzen."

(RP)
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