Leichlingen 85-Jährige soll ihre Wohnung räumen

Leichlingen · In dieser Woche treffen sich die 85-jährige Anita Hentschel aus Leichlingen und ihr Vermieter vor Gericht. Horst Wübbe hat der Schwerhörigen gekündigt, weil ihm sonst andere Mieter wegliefen. Doch Senioren haben Kündigungsschutz.

 Im Haus Brückerfeld 15 streiten sich die Mietparteien um Lärmbelästigungen. Eine 85-jährige Mieterin wehrt sich gegen ihre Kündigung. "Wenn die Frau nicht auszieht, dann kündigen wir", drohen Nachbarn dem Vermieter.

Im Haus Brückerfeld 15 streiten sich die Mietparteien um Lärmbelästigungen. Eine 85-jährige Mieterin wehrt sich gegen ihre Kündigung. "Wenn die Frau nicht auszieht, dann kündigen wir", drohen Nachbarn dem Vermieter.

Foto: Uwe Miserius

Eine 85-jährige Leichlingerin soll ihre Wohnung räumen: Dagegen zieht sie vor Gericht. In dieser Woche wird die Verhandlung stattfinden. Zugunsten der Frau spricht ihr Alter. Laut Mieterverein Leverkusen können Mieter ab einem bestimmten Alter nicht mehr so einfach auf die Straße gesetzt werden. Doch auch Vermieter Horst Wübbe hat Gründe für die Kündigung: Die schwerhörige Mieterin Anita Hentschel verursache einen derartigen Lärm, so dass ihm bereits drei Parteien seines Hauses am Brückerfeld 15 mit der Kündigung gedroht hätten.

Nun muss der Kadi entscheiden, ob die wirtschaftlichen Gründe oder die sozialen zur Aufgabe oder zum Beibehalt des Mietverhältnisses strenger zu gewichten sind. Anita Hentschel ist sich ihrer Sache aber sicher: "Mein Anwalt hat mir zwar angeboten, dass ich beim Gerichtstermin nicht anwesend sein muss. Ich gehe aber dahin und sage, wie es ist!", betont die vitale alte Dame.

Sie wirft weiterhin den Nachbarn vor, ungebührlichen Lärm zu machen und sie ihrer Nachtruhe zu berauben. Die anderen Mietparteien in dem Haus in der Leichlinger in der Leichlinger Innenstadt beschweren sich aber, dass Frau Hentschel ihr Radio und ihr Fernsehgerät wegen ihrer Schwerhörigkeit immer auf voller Lautsstärke laufen lasse.

Das streitet sie nach wie vor ab. "Ich habe schon wieder die ganze Nacht nicht schlafen können, weil meine Nachbarn solch einen Krach gemacht haben", berichtete Anita Hentschel gestern. Für sie habe der Ärger bereits vor fünf Jahren begonnen: "Da hat der Schwiegersohn meines Vermieters mich gefragt, ob ich nicht ins Altenheim ziehen will", erinnert sich die 85-Jährige. Und in der Folge sei sie auch von Nachbarn immer wieder darauf hin angesprochen worden. Anita Hentschel sagt aber: "Was soll ich im Altenheim? Ich kann mich noch sehr gut selbst versorgen", betont die Witwe, die seit zehn Jahren in der Wohnung am Brückerfeld lebt. Sie könne noch selber einkaufen gehen, kochen, putzen, ihre Wohnung in Ordnung halten. "Und die Miete habe ich auch immer gezahlt. Da läuft ein Dauerauftrag", betont sie und fügt hinzu: Es gebe aus ihrer Sicht deshalb keinen Kündigungsgrund. Für den Juristen André Juffern, Geschäftsführer des Mietervereins Leverkusen, ist der Fall sonnenklar: "Die Frau wird zu 98 Prozent nicht ausziehen müssen", prognostiziert er. Ab 70 Jahren stelle das Alter bereits einen Sozialgrund gegen eine Kündigung dar. Zudem könne Frau Hentschel ihre Schwerhörigkeit, somit ihre Krankheit, als einen weiteren Grund gegen die Wohnungskündigung ins Feld führen, sagt der Jurist.

Seiner Auffassung nach sei die Kündigung unwirksam. "Die Frage ist nicht, wer Lärm macht, ob es die alte Dame ist, oder ihre Nachbarn." Auch könne die Wirtschaftlichkeitsüberlegung des Vermieters (eine gegen drei Parteien) nicht gelten: "Dann muss der Vermieter eben sein Haus so nachrüsten, dass mehr Lärmschutz zum Beispiel durch Deckenplatten geboten wird", rät der Sprecher des Mietervereins.

(RP)
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