Leichlingen Allein in der Not? Polizei verteidigt Einsatz

Leichlingen · Jugendliche sagen, sie seien nach einer Messerattacke allein gelassen worden. Die Polizei bedauert den Eindruck, rechtfertigt aber ihr Vorgehen. Andere Leichlinger sehen einen Zusammenhang mit der Schließung der Wache.

 Die Polizeileitstelle des Rheinisch-Bergischen Kreises. Von dort aus werden auch Einsätze in Leichlingen gesteuert

Die Polizeileitstelle des Rheinisch-Bergischen Kreises. Von dort aus werden auch Einsätze in Leichlingen gesteuert

Foto: Tillmanns

Nach der Beschwerde einer Familie über die Polizei ist diese bemüht, ihr Handeln, genau zu erklären. Es habe den Vorschriften entsprochen, sagt ein Polizeisprecher. Vier Jugendliche hatten berichtet, auf einem bei Schwulen beliebten Parkplatz zwischen Leichlingen und Langenfeld von einem Mann mit einem Messer bedroht worden zu sein und die Polizei gerufen zu haben. Die habe sie aber gebeten, zur Wache nach Burscheid zu kommen und dort eine Anzeige zu erstatten. Der Vater zweier 17-Jähriger kann ein solches Vorgehen nicht nachvollziehen und kritisiert, die Beamten hätten den Hilferuf der Jugendlichen nicht ernst genommen.

Richard Barz, Sprecher der Polizei Rhein-Berg, widerspricht. Man habe den Notruf in der Leitstelle sehr wohl als solchen aufgefasst. "Allerdings ist das erste Gespräch aufgrund einer Funkstörung nach kurzer Zeit abgerissen", sagt er. Als sich die Jugendlichen zwei Minuten später erneut gemeldet hätten, hätten sie berichtet, dass der Angreifer sie nicht mehr verfolge und sie mittlerweile im Leichlinger Stadtgebiet unterwegs seien.

"Damit war die akute Bedrohungslage nicht mehr gegeben, so dass die Mitarbeiter der Leitstelle die Jugendlichen gebeten hatten, zur Wache zu kommen. Dort trafen sie auch kurze Zeit später ein." Barz betont, dass dies ein übliches Vorgehen sei, wenn ein Anrufer mobil sei und keine akute Gefahr mehr voliege. So könnten die Streifenwagen für andere Alarmierungen eingesetzt werden. "Es ist aber sehr unglücklich, dass die Jugendlichen nun den Eindruck haben, man hätte ihnen nicht helfen wollen." Das sei nicht der Fall. "Leute in Not sollen und können sicher sein, dass die Polizei sie nicht alleine lässt." Gegebenenfalls werde dafür ein anderer Einsatz in der Nähe abgebrochen. Diese Notwendigkeit habe hier aber nicht vorgelegen. Auch nicht, um möglicherweise nach dem Angreifer zu fahnden. Denn die Jugendlichen hätten sowohl das Autokennzeichen des Angreifers nennen und auch eine sehr gute Beschreibung abgeben können. "Wir sind deshalb sicher, dass wir den Mann ermitteln werden."

Andere Leichlinger sehen hingegen einen Zusammenhang zwischen dem nicht erfolgten Ausrücken der Polizei und der Tatsache, dass die Wache in Leichlingen geschlossen wurde. "Als nachts Jugendliche Stühle des Eiscafés über den Marktplatz geworfen haben, kam von der Polizei nur der lapidare Hinweis, man hätte keinen Wagen frei, und es würde wohl eine Stunde dauern", schreibt ein Leser. "Wegen Lärmbelästigung in der Parkpalette braucht man auch nicht mehr anzurufen." Auch dem widerspricht Richard Barz. "Die Leitstelle nimmt jeden Anruf auf, priorisiert aber." So habe ein Raub Vorrang vor einer Ruhestörung. "Die Alarmierungen werden abgearbeitet, aber es kann dauern."

Im Januar 2016 hatte die Kreispolizei am Standort Burscheid-Hilgen eine Verbundwache für den Nordkreis eingreichtet. Über 70 Beamte sind seit Januar 2016 von dort aus für Wermelskirchen, Leichlingen, Burscheid und Teile Odenthals und Kürtens zuständig. Die Leichlinger Wache an der Neukirchener Straße wurde geschlossen. Statt dessen gibt es jetzt ein Büro für die Bezirkspolizisten neben dem Rathaus.

(sug)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort