Leichlingen Alt-Rocker Gerschwitz lebt den amerikanischen Traum

Leichlingen · Noch vor einigen Jahren spielte Martin Gerschwitz in großen Hallen, begeisterte teilweise bis zu 500.000 Zuschauer. Mit Howard Carpendale ging er einst auf Tour. Heute spielt der 64-Jährige solo vor Zuhörerzahlen im zweistelligen Bereich. So geschehen am vergangenen Sonntag in Leichlingen: Während die Sonnenanbeter vor dem Bistro Lanzelot genüsslich an einem Kaffee nippten, erzählte die Rock-Legende, zu der sich Gerschwitz nicht selbst ernannt hat, ein wenig aus ihrem Leben. Die rauchige Stimme lässt die Leute aufmerksam lauschen.

Äußerlich passt Gerschwitz ins Klischee des alternden Rockstars. Lange schwarze Haare in Schulterlänge, ein verwaschenes T-Shirt und eine Sonnenbrille machen den Look, der von einem waschechten Rocker erwartet wird, perfekt. Die Stimmung ist sowohl bei ihm selbst als auch beim Publikum entspannt. Wenn man den Rest seines Lebens in Kalifornien, an der Westküste der USA, verbringen kann, ist das allerdings wohl auch keine Kunst. "Ich lebe in Laguna Niguel", erzählt der gebürtige Solinger in einer kleinen Pause, "das liegt zwischen Los Angeles und San Diego." 1986 zog es ihn in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Für Gerschwitz sollte sich diese gern genutzte Phrase bewahrheiten: Er lebte in LA den amerikanischen Traum.

"Die Bands, mit denen ich später spielte, habe ich dort kennengelernt. Man muss nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein", betont der 64-Jährige. Deutschland, so sagt er, sei nie der richtige Ort dafür gewesen. Das sei ihm schnell klar gewesen.

Zuvor hatte es ihn nach Frankfurt getrieben. Mit einer englischen Band spielte der Pianist größtenteils auf Basen des US-Militärs. Schließlich hatte er sich dem amerikanischen Rock verschrien. "Die Neue Deutsche Welle kam uns total in die Quere. Dabei hatten wir gerade Fuß gefasst", erzählt er grinsend. So entschieden sich die fünf Mitglieder, in die USA zu ziehen - schlussendlich ging nur Gerschwitz.

Dass es am anderen Ende der Welt auch schiefgehen könne, sei ihm klar gewesen. Doch man müsse Dinge ausprobieren, sagt er und betont: "Man muss manchmal einfach den Mumm haben."

Nun also sind aus tausenden Zuschauern nur noch 20 bis 100 geworden. Gerschwitz stört das nicht. "Mittlerweile ziehe ich es fast vor, vor 50 zu spielen. Ich mag das Persönliche, habe gerne Augenkontakt", erzählt er. In seinem Buch "I only look loud: Das Leben auf und hinter der Bühne" hat er sein musikalisches Leben verschriftlicht.

(RP)
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