Leichlingen Bäche wurden zu reißenden Flüssen

Leichlingen · Hochwasseralarm in Leichlingen: Mit 60 Einsatzkräften aus dem gesamten Stadtgebiet und 1000 Sandsäcken kämpfte die Feuerwehr gestern gegen überschwemmte Bäche, die zu reißenden Flüssen wurden. Die Diepentalsperre lief über. Besonders der Murbach bedrohte Menschen und Tiere.

Dramatische Hochwasserlage in Leverkusen und Leichlingen
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Es war gegen 10 Uhr, als Ursula Vasen gestern zum Einkaufen in die Stadt fuhr. Als die Leichlingerin zwei Stunden später zurück zu ihrem Haus im Murbachtal fuhr, traute sie ihren Augen nicht. Das sonst so kleine Rinnsal vor der Haustür hatte sich zu einem reißenden Fluss entwickelt, der die kleine Brücke zu ihrem Bungalow zu überfluten drohte. "So etwas habe ich noch nicht gesehen", sagte Ursula Vasen, die als erstes in den Hühnerstall eilte, um die Tiere vor dem steigenden Wasser zu retten.

Auf der anderen Seite des Murbachs drang zu diesem Zeitpunkt bereits Wasser in einen Pferdestall ein, in dem sich die zwei Vierbeiner von Susanne Müller normalerweise sehr wohl fühlen. Jetzt stand Müllers Schwester Tanja Weber vor dem Stall und verdrückte ein paar Tränen, während der Hannoveraner im Inneren von Minute zu Minute unruhiger wurde. "Die Tiere haben Angst, auch wegen der Feuerwehrautos", berichtete sie. "Meine Schwester ist zwar schon hierhin unterwegs — wir wissen aber noch nicht, wo wir die Pferde so lange unterstellen können, bis das Wasser wieder sinkt."

Alarm fürs gesamte Stadtgebiet

Das Gebiet Wietsche im Murbachtal war gestern zweifellos das am schlimmsten vom Hochwasser betroffene in der Blütenstadt, wenn auch nicht das einzige. Bereits am Vormittag hatte die Feuerwehr Alarm fürs gesamte Stadtgebiet gegeben. Vor allem die kleinen Bäche überfluteten angesichts des Dauerregens Straßen und bedrohten als reißende Flüsse Wohnhäuser und Tier-Ställe.

Auch Wicze Braun von der Spinnerei Braun & Brudes schuftete in ihrem im Souterrain gelegenen Veranstaltungssaal, um Verstärkerboxen, Elektroplatten und Möbelstücke vor den drohenden Wassermassen in Sicherheit zu bringen, während Feuerwehrleute draußen mit Sandsäcken und sogar Euro-Paletten alles versuchten, die Räume abzudichten. Ein Teil des Sinneswaldes stand da schon mitsamt Skulpturen unter Wasser. "Das letzte schwere Hochwasser hier habe ich als Kind erlebt", sagte Braun: "Ich weiß noch, dass ich damals fürchterlich geweint habe."

Feuerwehrchef Horst Schmidtberg, der gestern zwischen den Einsatzorten hin- und herpendelte, berichtete von 1000 Sandsäcken, die sich die Feuerwehr in weiser Voraussicht besorgt hatte. Diese wurden gestern nach und nach mit Hilfe des THW gefüllt und zu den Einsatzorten gebracht. 200 zusätzliche kamen aus Bergisch Gladbach. "Es ist enorm, welche Gewalt die kleinen Bäche bei einer solchen Wetterlage erreichen können", sagte er. "Wir können nur hoffen, dass die Pegelstände nicht weiter steigen."

"Das Problem ist, dass die Böden mit Feuchtigkeit gesättigt sind", hieß es gestern beim Wupperverband. Deshalb fließe der gesamte Niederschlag in Bäche und Flüsse. "Wir hoffen auf jede Regenpause." Allein die Wupper stieg in Opladen gestern binnen zwölf Stunden von 2,11 Meter auf 2,90 Meter. Die Lage dort sei aber noch nicht kritisch, hieß es. Ganz anders als an den Zuflüssen.

So konnte die Diepentalsperre die Wassermassen gestern zeitweise nicht mehr fassen. Auch im Weltersbachtal mussten Feuerwehrleute in Höhe des Pilgerheim-Seniorendorfs Straßen und Gebäude mit Sandsäcken sichern. An der Hasensprungmühle war die Zufahrtstraße zur Klinik Roderbirken zwischenzeitlich gesperrt, weil ein Kanal verstopft war und das Wasser etwa 20 Zentimeter hoch neben dem Teich auf der Fahrbahn stand. Wer dort durchfuhr, hatte das Gefühl, mit einem Schiff unterwegs zu sein. "Wir hoffen, dass wir den Abfluss frei bekommen", sagte Einsatzleiter Bernd Thomsen. Denn das mit Öl verunreinigte Wasser könne ja nicht einfach in den Teich gepumpt werden. Zum Glück gelang es, den Kanal zu öffnen.

Im Laufe des Nachmittags entspannte sich die Hochwasserlage wieder etwas, die Feuerwehr blieb jedoch in Alarmbereitschaft.

Für die Pferde von Susanne Müller gab es ein Happy End. "Wir haben sie bei einem Bauern unterstellen können", berichtete sie. "Oben auf dem Berg — da kommt zum Glück kein Wasser hin."

(RP)
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