Funkturm-Sprengung in Witzhelden "Haben uns extra freigenommen, um dabei zu sein"

Leichlingen · Mehr als 50 Jahre lang ragte er über der Stadt, am Dienstagmittag verabschiedeten sich die Witzheldener von einem Stück Heimat. Es waren emotionale Stunden.

Viele Menschen versammelten sich in Sichtweite des "Äu", um sich vom Wahrzeichen ihrer Heimat zu verabschieden. Für viele Menschen war ihr "Äu" ein Stück Heimat - zum Beispiel für Timo Schulz. "Wir haben uns heute extra alle freigenommen, um dabei zu sein", erzählte der 26-Jährige, der mit sechs weiteren Freunden, einem Kasten Bier, Campingstühlen und einer kleinen Musikanlage bereits am Vorabend ihr Lager am Bechhauser Weg aufgeschlagen hatten. "Das war ein schöner Abend. Wir waren bestimmt rund 300 Leute", berichtete Fabian Stupp (25).

Zunächst wurden am Mittag die langen Spannseile, die den Turm hielten, gekappt. Dann wurde der Riese, der mehr als 50 Jahre für Witzhelden stand, per Sprengung in die Knie gezwungen. Der Turm hatte seit einigen Jahren leer gestanden. Nach der Umstellung des Rundfunks auf DVB-T wurde er nicht mehr gebraucht.

Geschichten von ersten Dates und Heiratsanträgen

Marika Heider (53) konnte es zunächst gar nicht fassen, dass der Turm, der sie beinahe ihr ganzes Leben lang begleitet hatte, bald Geschichte sein würde: "Es war schon schrecklich, als die Spitze vor einigen Jahren abgemacht wurde, und jetzt soll er komplett weg." Ihre Jugend hatte sie dort verbracht, erste Dates, zahlreiche Treffen mit Freunden und Abendspaziergänge mit ihrer Schwester. "Egal wo man sich in der Umgebung befand, wenn man den 'Äu' sah, wusste man direkt, wo zuhause war."

Als der Turm nach einem dumpfen Knall in sich zusammensackte und langsam zu Boden sank, kullerten bei Nina Schneider die Tränen: "Kaum zu glauben, dass er jetzt ganz weg ist", sagte die 32-Jährige. "Hier habe ich 2015 einen Heiratsantrag bekommen und eigentlich wollten wir am Turm heiraten, doch jetzt ist es zu spät. Es ist ja eigentlich nur ein Turm. Aber er gehörte zu uns." Andere fanden am Dienstag derbe Töne. "Sieht kacke aus. Wollen wir nicht. Wieder aufbauen", riefen einige Bewohner.

Dass ihr Wahrzeichen nun nicht mehr ist, daran müssen sich die Witzheldener noch gewöhnen. "Das wird sicherlich eine Zeit lang dauern", sagte Petra Schulz. Der Witzheldener Verkehrs- und Verschönerungsverein will nun ein Stück des Turms erwerben - als Erinnerung. "Wenn dafür Spenden nötig würden, wäre ich sicherlich nicht die Einzige, die sich gerne daran beteiligen würde", sagte Schulz.

(seg)
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