Leichlingen Flüchtlinge: Und sie fanden keine Herberge
Leichlingen · Die Stadt findet kaum bezahlbare Mietwohnungen für Asylbewerber. Dabei bleibt der Zustrom von Menschen unkalkulierbar.
98 Flüchtlinge, traumatisiert durch Krieg, Gewalt und nicht zuletzt auch durch die Fremde beherbergt die Stadt Leichlingen derzeit. Täglich können neue hinzu kommen, wann und wie viele, das ist ungewiss: "Das Schlimmste ist die Ungewissheit, wir wissen nicht, worauf wie und einstellen sollen", beklagt Ulrich Conrads, bei der Stadtverwaltung für die Unterbringung der Asylbewerber zuständig. Erst gestern traf wieder ein Flüchtling aus Eritrea in Leichlingen ein, ein weiterer wird am Montag erwartet. Und Leichlingen liege bei der Zuweisungsquote aktuell bei minus zehn, habe also mit zehn weiteren Flüchtlingen zu rechnen.
Die städtischen Übergangsheime in Oberschmitte und an der Friedensstraße sind voll belegt. Die Stadt ist jetzt dringender denn je darauf angewiesen, weitere Unterkünfte auf dem privaten Wohnungsmarkt für Flüchtlinge anzumieten. Aber genau an diesem Punkt wird's in Leichlingen schwierig: "Wir haben zwar das ein oder andere Angebot, aber es muss auch bezahlbar sein", betont Conrads. Die Stadt versuche zwar, die Asylbewerber, die schon längere Zeit im Lande seien und die mittlerweile eine begrenzte Aufenthaltsgenehmigung hätten aus den Unterkünften in Mietwohnungen zu bringen. Für diese Asylbewerber finanziere das Jobcenter aber nur eine Kaltmiete von fünf Euro pro Quadratmeter. Und die gebe es kaum auf dem Wohnungsmarkt, geschweige denn für Ausländer, bedauert Conrads, der im ländlichen Leichlingen eine gewisse bei manchen Hausbesitzern zudem eine große Zurückhaltung erlebt, an Flüchtlinge zu vermieten. Eine weitere Erschwernis sei die Tatsache, dass Leichlingen besonders viele alleinstehende Flüchtlinge zugewiesen bekomme: "Warum das so ist, weiß ich nicht. Es erschwert aber die Suche nach Wohnraum noch weiter", beklagt Conrads.
Sogar für Leichlinger selbst, die eine Ein-Personen-Wohnung suchten, sei es schon schwer, das Geeignete zu finden. "Wir versuchen, den Asylbewerbern bei der Wohnungssuche behilflich zu sein, aber bisher gelingt uns das kaum", muss Conrads zugeben. Anders als beispielsweise in Wermelskirchen hätten sich in der Blütenstadt keine Pensions- und Gästehausbesitzer gemeldet, die Flüchtlinge bei sich unterbringen wollen.
Zu den Freiwilligen, die aus den Fraktionen jetzt in den ehrenamtlichen Arbeitskreis Integration entsendet wurden, gehört auch Wolfgang Müller-Breuer von den Grünen. Er ist prädestiniert für diese Aufgabe durch seine berufliche Erfahrung. Müller-Breuer leitet im Rheinkreis-Neuss den Jugendmigrationsdienst. Von daher kennt er die dringlichsten Bedürfnisse der Flüchtlinge: "Sie brauchen in erster Linie Ansprechpartner, Menschen, die sie begleiten bei Behördengängen oder ihnen beim Erlernen der deutschen Sprache helfen", betont Müller-Breuer. In der nächsten Woche wird sich der Arbeitskreis Integration zum ersten Mal mit den Fraktionsvertretern treffen. Diplomsozialarbeiterin Romana Arendes, die für die Betreuung der Flüchtlinge in Leichlingen zuständig ist, hofft, dass sich die Politiker mit praktischer Arbeit einbringen. Vor allem sei die Sprachförderung notwendig, wobei allerdings zu beachten sei, dass etliche Flüchtlinge die lateinischen Schriftzeichen nicht beherrschen, manche aber sogar überhaupt keine Schriftzeichen. Das Gros der Flüchtlinge in Leichlingen stammt aus Eritrea. Es ist seit dem Krieg mit Äthiopien eines der repressivsten Länder der Welt. Viele der vor Lampedusa ertrunkenen Flüchtlinge stammten von dort. Entsprechend verzweifelt und traumatisiert kommen die Überlebenden auch in Leichlingen an.