Leichlingen Kein Platz für kleine Kinder?

Leichlingen · In Leichlingen fehlen Tagesmütter und -väter. Aber auch Hebammen. Entspannung ist kaum in Sicht.

 Theresa Lorenz (M.) betreut in der Musiktagespflege Leichlingen mit ihrer Mutter Barbara Lieske zusammen bis zu neun Kinder im Alter zwischen einem und drei Jahren. Auch sie kann sich vor Anfragen von Eltern nach feien Plätzen kaum retten.

Theresa Lorenz (M.) betreut in der Musiktagespflege Leichlingen mit ihrer Mutter Barbara Lieske zusammen bis zu neun Kinder im Alter zwischen einem und drei Jahren. Auch sie kann sich vor Anfragen von Eltern nach feien Plätzen kaum retten.

Foto: Uwe Miserius

17 Anbieter umfasst die Liste der Kindertagespflegestellen auf der Internetseite der Stadt. Und doch bietet sich frischgebackenen Eltern immer das gleiche Bild: Betreuungsplätze sind Mangelware.

Viele Tagesmütter sind längst ausgebucht für den neuen Aufnahmezeitraum ab August. Selbst für 2019 gibt es oft nur noch Wartelistenplätze. Wessen Kind das Pech hat, im Januar oder Februar geboren zu sein, der aber sein Kind trotzdem nach einem Jahr Elternzeit betreuen lassen muss, weil das Einkommen sonst nicht mehr reicht, der hat besonders schlechte Karten. "Wenn ich ein Kind im Januar oder Februar annehmen will, muss ich den Platz ab August frei halten, weil die Kitas in der Regel nur zum August aufnehmen", erklärt eine Leichlinger Tagesmutter auf Anfrage.

Daher ruft die Stadtverwaltung nun Interessierte dazu auf, Tagesmutter oder -vater zu werden (siehe Kasten). Reich wird man dadurch zwar nicht, erklärt Theresa Lorenz, die zusammen mit ihrer Mutter Barbara Lieske eine Großtagespflege in Leichlingen betreibt. Aber es gibt immerhin 27 bezahlte Urlaubstage und sechs Wochen Krankengeld. "Dafür haben wir lange gekämpft", sagt Barbara Lieske, die seit vier Jahren Landesvorsitzende des Berufsverbandes für Kindertagespflegepersonen in NRW ist. Allerdings könnte der Förderbeitrag, den die Stadt den Tagesmüttern zahlt, höher sein, findet ihre Tochter. Der liege in Leichlingen bei 4,84 Euro pro Stunde, in Haan zum Beispiel würden aber sechs Euro bezahlt. Für eine Erhöhung kämpfen Lieske und Lorenz derzeit.

Die Probleme junger Eltern beginnen schon früher - bei der Suche nach einem freien Bett in einer Entbindungsklinik und einer Hebamme für die Geburtsnachsorge. Lediglich vier Hebammen listet die Stadt auf; plus der Hebammenpraxis "Rund um den Bauch" im Turmweg 19, die aber schon am Telefon allen Eltern die Hoffnung nimmt: "Aktuell können wir für 2018 leider keine Familien mehr annehmen", heißt es bei der Bandansage.

Eine angespannte Situation, wie auch Bettina Baki-Höhn bestätigt. Die 55-Jährige ist seit nahezu 30 Jahren Hebamme aus Leidenschaft, muss aber jetzt ihre freiberufliche Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen einstellen. "Die Rahmenbedingungen stimmen einfach nicht mehr", sagt sie und regt sich über das neue, verbindliche Qualitätsmanagement auf, das seit dem Jahreswechsel für Hebammen gilt. "Ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der viel Zeit wegnimmt, die besser für die Betreuung der jungen Familien verwendet werden könnte", ist sie überzeugt.

Zudem sei die Entlohnung für freiberufliche Hebammen zu gering. "Wer seinen Lebensunterhalt damit bestreiten soll, hat Probleme. Und dabei will ich von den hohen Versicherungsbeiträgen gar nicht erst anfangen", echauffiert sich Baki-Höhn.

Dass die Situation bei der Kinderbetreuung aktuell so angespannt ist, lässt sich jedenfalls nicht auf gestiegene Geburtenraten in Leichlingen zurückführen. Tatsächlich schwanken die Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren nur leicht (2008: 220 Geburten, 2010: 252 Geburten, 2014: 224 Geburten, 2016: 261 Geburten, 2017: 249 Geburten). Vielmehr ist wohl der Wunsch - oder die Notwendigkeit - bei immer mehr Müttern und Vätern da, nach der Elternzeit möglichst bald wieder Vollzeit arbeiten zu gehen.

(RP)
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