Leichlingen Leichlinger Soforthilfe für Funchal

Leichlingen · Unmittelbar nach der Naturkatastrophe auf Madeira hat die Stadt Leichlingen begonnen, ihrer Partnergemeinde Funchal wieder auf die Beine zu helfen. Bereits heute startet der erste Hilfstransport. Und Bürgermeister Ernst Müller persönlich koordiniert die Unterstützungsaktion aus der Blütenstadt.

Wenn heute früh um 5 Uhr der Ferienflieger mit der Nummer X32828 vom Flughafen Köln/Bonn aus nach Madeira startet, dann werden auch Fluggäste aus Leichlingen mit an Bord sein, die alles andere als Urlaub im Sinn haben. Stadtbrandmeister Horst Schmidtberg und ein Kollege der Freiwilligen Feuerwehr machen sich zu einem Ad-hoc-Hilfstransport auf den Weg: Im Gepäck haben sie eine halbe Tonne Rettungstechnik — vor allem Elektropumpen und entsprechendes Schlauchmaterial.

Feuerwehrmann unter den Toten

"Das ist jetzt erstmal das Allerwichtigste", sagt Schmidtberg. Vollgelaufene Tiefgaragen, in denen noch Menschen vermutet werden, Häuser von Geröll-Lawinen weggerissen, ganze Etagen von Einkaufszentren unter Wasser — die Katastrophe hat an vielen Stellen zugeschlagen. "Wir werden uns einbringen, wo wir können", versicherte Schmidtberg gestern, während er auf die Schnelle ein paar persönliche Sachen zusammenpackte. Vor allem will er sich vor Ort ein Bild davon machen, woran es noch alles fehlt, um weitere Hilfsmaßnahmen zügig einleiten zu können.

Darum bemüht sich Ernst Müller bereits seit Sonntag unaufhörlich. Unmittelbar, nachdem der Leichlinger Bürgermeister von der Naturkatastrophe in der portugiesischen Partnergemeinde erfahren hatte, griff er zum Telefon — und hat es seitdem kaum weggelegt. "Ich war erst vor fünf Wochen zu einem Privatbesuch auf der Insel", berichtet Müller. Schon da habe es große Probleme mit Regenstürmen gegeben: "Doch was jetzt passiert ist, stellt selbst das große Unwetter von 1993 in den Schatten." Plätze, an denen er noch im Dezember gestanden habe, gebe es jetzt nicht mehr, sagt Müller. Und ob die bisher registrierten 42 Todesfälle wirklich die endgültige Zahl bildeten, sei zu bezweifeln.

So koordiniert der Leichlinger Verwaltungschef die Hilfsbemühungen gemeinsam mit der Feuerwehr und dem Freundeskreis Funchal so schnell wie nur möglich, auch wenn das extrem mühsam ist. "E-Mail-Verbindungen haben überhaupt nicht funktioniert, und auch über Telefon war es zunächst schwierig, Leute zu erreichen", bestätigt Lothar Becker, der Vorsitzende des Freundeskreises und Leiter der Leichlinger Realschule am Hammer. Immerhin eine Sorge konnte er Schülern, Lehrern und Eltern gestern nehmen: "An unserer Partnerschule ,Francisco Franco' hat es offenbar keine Todesfälle gegeben." Dies habe ihm die portugiesische Kontakt-Lehrerin Humberta Correia berichtet. Das Gebäude befinde sich in etwas flacherem Gelände und liege entfernt von den Kanälen, die sich am Wochenende in reißende, alles verschlingende Sturzbäche verwandelt hatten.

Hart getroffen hat es dagegen zahlreiche Feuerwehrleute, die, wie Schmidtberg sagt, "seit Samstag so gut wie kein Auge mehr zutun konnten, weil sie sich im Dauereinsatz befinden". Der Witzheldener Klaus Schmitz, der viele private Kontakte auf die Insel hat, erfuhr gestern von einem seine portugiesischen Freunde die traurige Nachricht, dass einer der städtischen Feuerwehrmänner sogar ums Leben gekommen sei: "Er starb beim Versuch, anderen das Leben zu retten", sagte Schmitz. Andere wiederum seien zwar mit Leib und Leben davongekommen, hätten aber große materielle Schäden erlitten.

Einer von ihnen ist Joel dos Santos-Freitas. Der Portugiese ist erst vor Kurzem nach Funchal zurückgekehrt, nachdem er einige Jahre in Leichlingen gelebt und hier sogar den Rang eines Oberbrandmeisters erworben hatte. Als er jetzt vom zweitägigen Dauereinsatz nach Hause kam, um sich ein paar Stunden auszuruhen, musste er feststellen, dass sein Wohnzimmer von Schlammmassen verwüstet war.

Ihm und allen anderen wollen Stadt, Freundeskreis, Schulen und Feuerwehr nun ein Zeichen geben, dass die Freundschaft mit Leichlingen sich gerade auch in solch schwierigen Zeiten bewährt. "Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist enorm", betont Bürgermeister Müller, der gemeinsam mit Becker und der Feuerwehr prüft, ob auch ein gemeinsames Spendenkonto eingerichtet werden kann. Schmidtberg wird ab morgen von Madeira berichten, was zu tun ist, und vermutlich eine Woche dort bleiben. Alle drei versichern: "Wir lassen Funchal nicht im Stich."

(RP)
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