Interview Stefan Feller NRW-Polizist berät Ban Ki Moon

Leichlingen · Seit 15 Jahren arbeitet Peter Raubuch für die Behörden-Zeitung "PIN", die in einer Auflage von etwa 350 Exemplaren monatlich erscheint, vorrangig für die Polizisten im Rheinisch-Bergischen Kreis.

 Stefan Feller (57) wurde im Frühjahr 2013 zum leitenden Polizeiberater des UN-Generalsekretärs berufen und arbeitet im New Yorker UN-Hauptquartier in Manhattan am East River. Als Polizeibeamter versah er zunächst Dienst in Dortmund, Castrop-Rauxel, Soest und Arnsberg, bevor er in den höheren Dienst aufstieg.

Stefan Feller (57) wurde im Frühjahr 2013 zum leitenden Polizeiberater des UN-Generalsekretärs berufen und arbeitet im New Yorker UN-Hauptquartier in Manhattan am East River. Als Polizeibeamter versah er zunächst Dienst in Dortmund, Castrop-Rauxel, Soest und Arnsberg, bevor er in den höheren Dienst aufstieg.

Foto: zentrum für internationale friedenseinsätze

Seit acht Jahren ist der Sprecher der Kreispolizei auch verantwortlicher Redakteur. Sein Anspruch: nicht nur Dienst-Themen beackern, sondern über den Tellerrand hinausblicken, interessante Menschen vorstellen, oder auch einmal Prominente aus dem Verbreitungsgebiet interviewen.

Kinderbuchautorin Annette Langen hat schon ebenso bereitwillig Auskunft gegeben, wie Box-Weltmeister Henry Maske. Für die aktuelle Ausgabe seiner "PIN" ist Raubuch jedoch Besonderes gelungen: Er hat den leitenden Polizeiberater von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Stefan Feller, für ein Interview gewinnen können. Den kennt er noch aus Hattingen, wo er zur Schule ging und Feller Inspektionsleiter war. Wie wird so jemand UN-Chefpolizist? Wie ist der Alltag in New York, welche Verbindungen bestehen in die Heimat? All diesen Fragen ist Raubuch im Interview nachgegangen, das wir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt bekommen haben und in Auszügen drucken.

Nur eins bedauert der Polizeisprecher: dass er das Gespräch am Telefon führte und nicht in New York.

Hallo Herr Feller, wie Sie mir im Vorgespräch mitgeteilt haben, erhalten Sie viele Gesprächsanfragen. Umso mehr freut es mich, dass Sie sich Zeit für unsere kleine Behörde nehmen. Hängt das damit zusammen, dass Ihnen Strukturen kleiner Polizeibehörden nicht unbekannt sind? Schließlich waren Sie zu Beginn
Ihrer Karriere im höheren Dienst Inspektionsleiter in Hattingen im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Feller Die so genannten "großen" Dinge setzen sich immer aus den so genannten "kleinen" Dingen zusammen. Es ist ein Trugschluss, die "großen" Dinge wichtiger zu nehmen als die Teile, aus denen sie bestehen. Daher erinnere ich mich sehr gern an meine Zeit als Ermittler im Landrat Soest (damals nannten wir das "Oberkreisdirektor"), und an meine Zeit als Inspektionsleiter in der Polizeiinspektion Nord des Landrates Schwelm. Mein gesamtes Handwerkszeug schließt das Wissen und die Erfahrungen aus diesen Zeiten ein, an die ich mich gern zurück erinnere. Im Umkehrschluss heißt das auch, dass mir der Bezug meiner Arbeit hier in New York zu der täglichen Arbeit in Nordrhein-Westfalen wichtig ist. Ich freue mich, ein wenig dazu mit diesem Interview beitragen zu können.

Viele Jahre verbrachten Sie im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina, eher heiße Pflaster. Haben Sie in Ihren Funktionen dort Situationen erlebt, die kritisch oder sogar lebensgefährlich waren und was hat dies bei Ihnen ausgelöst? Zweifel, beruflich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben oder im Gegenteil das Gefühl, gebraucht zu werden?

Feller Weniger Bosnien & Herzegowina in der sicherheitstechnisch doch eher stabilen Zeit zwischen 2008 und 2012 , mehr aber in der Anfangsphase des Kosovo, oder während meiner vielen Aufenthalte zum Beispiel in Afghanistan, Irak, Sudan, Südsudan, Mali oder der Zentralafrikanischen Republik, gehören Gefahrensituationen natürlich zu meinen Erfahrungen. Jede Polizistin und jeder Polizist kennt das, nicht nur diejenigen, die sich in Auslandseinsätze begeben. Die Antwort ist, Sicherheitsrisiken zu bewerten und zu beantworten, nicht, Risiken zu vermeiden oder sich kopflos in Abenteuer zu stürzen.

Alle meine Kolleginnen und Kollegen kennen das so, und das intensive Training, das deutsche Länderpolizeien und die Bundespolizei auf Weltniveau betreiben, zahlt sich aus: Unsere Kolleginnen und Kollegen wissen, was sie tun, und sie schützen sich und werden beschützt. Ich habe meinen Weg nicht eine Sekunde lang bereut, im Gegenteil. Es ist mein beruflicher Lebensweg. Ich schütze mich aber auch vor dem Gefühl, "gebraucht zu werden". Meine Arbeit macht Sinn und ist sehr wichtig, aber ich bleibe bescheiden.

Inzwischen sind Sie in der "Welthauptstadt" New York angekommen, arbeiten bei der UN und hier als leitender Berater des UN-Generalsekretärs. Für wie lange wurden Sie hier verpflichtet? Welche Aufgaben nehmen Sie wahr?

Feller Na ja, angekommen bin ich nach nun beinahe zwei Jahren hier in New York wirklich! Mein Vertrag ist auf zwei Jahre befristet und befindet sich gerade in der Phase, ihn zu verlängern. In all meinen internationalen Tätigkeiten habe ich meine Standzeiten immer langfristig gesehen. Zwei Jahre sind nicht genug für das, was ich mir vorgenommen habe. Meine Aufgaben liegen in der operativen Führung von derzeit mehr als 13 000 Polizistinnen und Polizisten aus 91 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in Friedenseinsätzen auf der gesamten Welt, derzeit mit erheblichem Schwerpunkt in Afrika. Zweitens bin ich für die Weiterentwicklung des strategischen Gerüstes verantwortlich, mit dem wir diese Einsätze ermöglichen. Internationale Polizeiarbeit unterscheidet sich fundamental von der Arbeit in den Herkunftsländern, das wird so gut wie nie an den Polizeihochschulen unserer Mitgliedsländer gelehrt.

Anstelle dessen gibt es relativ kurze Vorbereitungsseminare. Unsere Aufgaben reichen aber vom Schutz der Zivilbevölkerung über Wiederaufbau von nationalen Polizeien und beinhalten den Bereich von Reformbemühungen. Sie beinhalten auch, dass wir mit unseren Konzepten am Kampf gegen Organisierte Kriminalität, Extremismus und Terrorismus teilnehmen, indem wir unsere nationalen Partner für diese Arbeit qualifizieren. Im Ergebnis hat meine Arbeit viel mit der Entwicklung von Strategien und ihrer Umsetzung durch Training zu tun. Da dieses Training in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten liegt, ist meine dritte wesentliche Aufgabe, mit allen Mitgliedsstaaten, aber auch mit Organisationen wie der Europäischen Union, der Afrikanischen Union, Interpol und vielen anderen mehr, Kontakt zu halten.

Wie muss man sich Ihren Tagesablauf als leitender Polizeiberater des UN-Generalsekretärs denn vorstellen?

Feller Lang, kompliziert, spannend, ganz schwer planbar, immer von Überraschungen geprägt. Besprechungen, Videokonferenzen, zu viele E-Mails, Krisensitzungen, viele Reisen in Krisen- und Kriegsgebiete. Zu wenig Personal und zu viel Kaffee.
Nach meinen Informationen hat Ihre Familie Sie nach New York begleitet, was Ihnen die Entscheidung zur Übernahme der Funktion sicherlich deutlich erleichtert haben dürfte.

Wie kommen Ihre Frau und Kinder zurecht? Fühlen Sie sich alle wohl oder kommt bisweilen Heimweh auf?

Feller Ich darf Sie um Verständnis bitten, wenn ich zwischen meinem Privatleben und meinem beruflichen Leben strikt trenne. Heimweh kenne ich nicht, ich lebe seit fünfzehn Jahren, wo ich arbeite. Ich bin aber immer wieder froh, wenn ich meine Verwandten in Deutschland besuchen kann. Das passiert viel zu selten.

Bleibt Ihnen wenigstens ein bisschen Freizeit, um auch die Vorzüge New Yorks und Nordamerikas zu genießen?

Feller Ob es Pristina im Kosovo, Brüssel in Belgien, Sarajewo in Bosnien & Herzegowina oder New York in den USA ist, ich habe immer versucht, nicht nur zu arbeiten, sondern auch zu verstehen, wo ich lebe. Das ist bisweilen nicht leicht, aber ich bin zunehmend besser in der Lage, dies auch in meine selbstgesetzten Prioritäten einzuarbeiten. Ich lebe sehr gern hier, genieße es, und ich genieße ganz besonders die Landschaft in Maine. Ich hoffe, mehr von den USA zu lernen. Bisweilen ist das nicht leicht, aber es gelingt.

Peter Raubuch stellte die Fragen.

(RP)
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