Leverkusen Polizei setzt auf blinde Telefonisten

Leverkusen · Die Kreispolizei setzt in Bergisch Gladbach blinde Mitarbeiter in der Telefonzentrale ein. Der Einsatz der Männer ist vorbildhaft im Land NRW. Die beiden Beschäftigten strahlen große Arbeitszufriedenheit aus.

 Guido Spielmann (45) und Jean-Pierre Reiher (27) arbeiten in der Telefonzentrale der Polizei Rhein-Berg mit speziellen Tastaturen für Blindenschrift. Mails werden den beiden vorgelesen.

Guido Spielmann (45) und Jean-Pierre Reiher (27) arbeiten in der Telefonzentrale der Polizei Rhein-Berg mit speziellen Tastaturen für Blindenschrift. Mails werden den beiden vorgelesen.

Foto: Uwe Miserius

Was vor zehn bis 15 Jahren noch fast unmöglich erschien, ist in der Kreispolizeibehörde des Rheinisch-Bergischen Kreises in Bergisch Gladbach seit dreieinhalb Jahren Realität: Guido Spielmann (45) und Jean-Pierre Reiher (27) arbeiten in der zentralen Telefonvermittlung der Polizei. Die beiden Beschäftigten sind blind. Dank ausgeklügelter Anpassung der Computertechnik an die Bedürfnisse der Sehbehinderten können sie ihre Aufgaben als erste Ansprechpartner für alle Anrufer der Telefonnummer 02202-2050 gut erledigen. Die Bergisch Gladbacher Polizeidienststelle war damit eine der ersten und ist bis heute eine von wenigen in Nordrhein-Westfalen, die die Technik so umgerüstet hat, das sie für Blinde nutzbar ist.

400 Anschlüsse im Kreisgebiet

An rund 400 Anschlüsse im Kreisgebiet von Wermelskirchen bis Bergisch Gladbach und von Leichlingen bis Rösrath leiten die gelernten Bürokräfte die Telefonanrufer weiter, damit deren Anliegen bearbeitet werden können. Außerdem sind sie für die korrekte Verteilung der Mail-Nachrichten der Polizei in ihrer Dienststelle zuständig. "Dabei handelt es sich um interne polizeitaktische Nachrichten, die wir an die zuständigen Stellen weitergeben", erklärt Guido Spielmann.

Geht eine Nachricht per Mail ein, ertönt zunächst ein akustisches Signal. Reiher und Spielmann können die Post abrufen, indem sie den "Betreff" mit ihren Fingern lesen. Denn neben ihrer Computertastatur haben die beiden eine Leiste mit Blindenschrift, der sogenannten Brailleschrift. Diese ersetzt den Bildschirm. Der Inhalt der E-Post wird ihnen außerdem vorgelesen, so dass sie gezielt die zuständigen Kollegen informieren können.

Da die Anpassung der Technik in dieser Form neu war, haben sich schon Mitarbeiter der landesweiten Hauptvermittlung der E-Post-Nachrichten in Duisburg die Arbeitsplätze in Bergisch Gladbach angeschaut. "Die konnten sich gar nicht vorstellen, wie ihre Nachrichten von Blinden zu bearbeiten sein sollten", erzählt Jean-Pierre Reiher. Weil vor drei Jahren alles neu war, hatten die beiden zunächst nur befristete Arbeitsverträge.

Das hat sich geändert, Spielmann und Reiher gehören mittlerweile fest zum Team. Und ihre Kollegen schätzen sie sehr: "Sie strahlen eine ungeheure Arbeitszufriedenheit aus, das ist eine Bereicherung für die ganze Abteilung", erzählt Peter Korff, der für die beiden Blinden Ansprechpartner für ihre Belange ist. Sehr schätzt er deren besonderes Einfühlungsvermögen für Anrufer, seien die auch noch so aufgeregt oder wütend. "Außerdem war die Dienstplanung noch nie so leicht wie jetzt", schmunzelt Korff. Die beiden Kollegen seien ein eingespieltes Duo, das auf die Interessen des anderen immer Rücksicht nähme. Guido Spielmann zum Beispiel ist in seiner Freizeit im Mundharmoniker-Orchester aktiv, spielt außerdem Keyboard und Orgel.

"Vor Weihnachten haben wir wieder viele Termine, da stimme ich mich mit meinem Kollegen ab", so der 45-Jährige. Jean-Pierre Reiher hingegen wird in den nächsten Monaten ebenfalls viel unterwegs sein: Der Kölner ist nicht nur begeisterter FC-Fan, sondern mischt auch im rheinischen Karneval kräftig mit.

(inbo)
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