Leichlingen Seit 1900 prägt die Erdbeere das Image der Stadt

Leichlingen · Vor 116 Jahren leistete Karl Pfeiffer Pionier-Arbeit: Der Landwirt und Stadtrat baute als Erster die Erdbeere in Leichlingen in großem Stil an. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden sich viele Nachahmer und begründeten eine Tradition in der Stadt.

 Diese Aufnahme von 1930 belegt zweierlei: Erdbeeren-Pflücken ist weitgehend weiblich und - angesichts der jungen Dame im Vordergrund - "Früh übt sich".

Diese Aufnahme von 1930 belegt zweierlei: Erdbeeren-Pflücken ist weitgehend weiblich und - angesichts der jungen Dame im Vordergrund - "Früh übt sich".

Foto: Stadt Leichlingen

Der Name Karl Pfeiffer sagt ihm nichts. Dabei ist Friedrich Appenrodt jemand, der seit langem die Pionier-Arbeit Pfeiffers fortsetzt. Der verhalf der Erdbeere um 1900 dabei, in Leichlingen Wurzeln zu schlagen. Damals begann der Landwirt und Stadtrat damit, die kleine, rote Sammelnussfrucht in der Stadt zu züchten. In großem Stile baute er im Bereich Moltkestraße Erdbeeren an, für lange Zeit war es das einzige große Feld in der Blütenstadt. So ist es in Schriften im Stadtarchiv verbrieft.

Zwar wurde der Anbau der Erdbeere längst an andere Stellen verdrängt: etwa nach Nesselrath, Leysiefen, Junkersholz, Förstchensbusch oder die Landwehrstraße. Aber am zentralen Stellenwert der Frucht in Leichlingen und ihrem Beitrag zum gerne gepflegten Image der Blütenstadt hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Seit 37 Jahren gibt es sogar ein Fest inklusive eines Königspaares, das nach der Beere benannt ist und nächste Woche wieder an der Trompete gefeiert wird.

 Erdbeeren so weit das Auge reicht: Dieses Foto zeigt Frauen im Jahr 1939 bei der Ernte in Leichlingen.

Erdbeeren so weit das Auge reicht: Dieses Foto zeigt Frauen im Jahr 1939 bei der Ernte in Leichlingen.

Foto: Stadt Leichlingen

Aber was macht die Leichlinger Erdbeere so besonders gegenüber Artgenossen aus anderen Landstrichen? Es liege längst nicht nur, wie vielfach angenommen, am sandigen Boden. "Vielmehr herrschen hier durch die Höhenlage die richtigen Temperaturen", sagt Friedrich Appenrodt, der die Frucht seit mehr als 40 Jahren anbaut. Entscheidend für den sehr guten Geschmack sei eine ausreichend lange Reifezeit. "Je länger es dauert, bis die Farbe von Grün auf Rot wechselt, desto besser", sagt der Leichlinger Obstbauer. Perfekt seien dabei Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad.

Gute Bedingungen herrschten offenbar schon nach dem Ersten Weltkrieg in Leichlingen. Als seinerzeit viele Erwerbslose Pfeiffers Vorbild nacheiferten, fand die Erdbeere endgültig Verbreitung in der Stadt. Insbesondere entlang der Sandstraße schossen nun Erdbeerpflänzchen wie, nun ja, Pilze aus dem Boden, und auch von außerhalb der Stadtgrenzen wurden Kunden angelockt, die sich während der Saison in Leichlingen mit Erdbeeren versorgten. Der Bereich um die Tropmete habe sich seinerzeit zu einer Art Hauptumschlagsplatz für die Frucht in der Stadt entwickelt.

Wetterbedingt sei die Erdbeerzeit diesmal im Mai zwar mit zwei Wochen Verspätung losgegangen, berichtet Appenrodt. Aber inzwischen hat er alle Hände voll zu tun, und der Zulauf auf Obsthof oder im Hofladen sei ungebrochen. Aber die Früchte locken nicht nur Kunden an. Sondern: "Im Moment haben wir Probleme mit Schnecken und mit Krähen", sagt Appenrodt, für den die Erdbeere ein großes wirtschaftliches Standbein darstellt.

Dass sich schon lange großes Geld mit der kleinen Frucht verdienen lässt, lässt sich noch heute im Stadtbild erkennen. An der Ecke Moltkestraße 1 hat der Gründervater der Leichlinger Erdbeer-Tradition 1912 ein markantes Gründerzeithaus errichten lassen: das "Haus Pfeiffer".

(RP)
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