Leichlingen Sprechender Stein für den Stadtpark

Leichlingen · Der Künstler Berthold Welter bearbeitet mit Flüchtlingen und Interessierten einen großen Steinblock, der später an die Zeit der Flüchtlingswelle erinnern soll. Immer mittwochs darf sich jeder, der möchte, an der Aktion beteiligen.

Leichlingen: Sprechender Stein für den Stadtpark
Foto: Miserius Uwe

Für den, der mit Geologie und Bildhauerei wenig am Hut hat, liegt da im Neuen Stadtpark ein Stein. Ein großer Stein. Hell und mit einer rauen Oberfläche. Für Berthold Welter liegt da aber viel mehr. Natürlich weiß der Leichlinger Künstler, dass dies ein Block aus Tuff ist - er hat ihn schließlich gekauft. Welter weiß aber auch, "dass Steine eine universelle Sprache haben und lange Zeiträume überdauern. Ein Beispiel dafür sind die Pyramiden." Daher ist ein Stein das richtige Medium für das, was er und seine Kollegin Hanna Brinkmann aus Kaarst derzeit umsetzen.

Sie wollen "Steine sprechen lassen". So nennt sich das Projekt, das das Duo angeschoben hat. Seine ehemalige Schülerin Brinkmann habe den Anstoß gegeben, und er habe es gerne aufgegriffen, sagt Welter. "Wir wollen etwas hinterlassen, dass auch später noch an die jetzige Zeit erinnert, in der viele davon bewegt sind, dass Menschen aus fremden Ländern zu uns kommen, und sich fragen: ,Was bedeutet das für mich?'" Ziel ist es, bis Ende August Steine mit Migranten, Flüchtlingen und allen anderen interessierten Menschen zu bearbeiten und im Anschluss in den Stadtzentren aufzustellen.

Als Erstes hat Welter daher den Tuff-Block gekauft. Der muss geglättet werden. Zunächst hat er dies in seiner Werkstatt gemacht. Zumeist mit Teilnehmern der Aktion für Flüchtlinge, die dort seit März handwerkliche Tätigkeiten und gleichzeitig die entsprechenden Vokabeln wie Hammer Zange oder Schere lernen.

Inzwischen wurde der Stein in den Neuen Stadtpark gebracht, wo er einmal wöchentlich einer weiteren Bearbeitung unterzogen wird und nach seiner Fertigstellung auch dauerhaft aufgestellt werden soll. Immer mittwochs von 16 bis 18 Uhr fährt Welter vor, mit dabei hat er eine große Wanne voller Holzschlägel und Meißel, mit denen alle Seiten des Steins eingeebnet werden sollen. "Jeder ist herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen", sagt Welter. In einem letzten Schritt soll die Säule mit einer Inschrift versehen werden. "Wir haben uns für ein Gebet von Papst Franziskus entschieden, in dem die Achtung des Menschen gegenüber allem, was uns umgibt, zum Ausdruck gebracht wird", verrät Welter.

Eigentlich, so ist der Plan, soll dies in einer Aktion am Samstag, 27. August, geschehen. Allerdings hinkt das Glätten des Steins dem Plan hinterher. "Ein Teilnehmer hat schon gesagt, es wird bestimmt Winter, bis wir fertig sind. Aber selbst wenn...", sagt Welter lachend und zuckt mit den Achseln. Soll wohl heißen: Wenn es mit dem Termin nicht so ganz hinhauen sollte, hat man eben länger Freude an der Arbeit. Aber noch sind ja ein paar Wochen Zeit. Eines allerdings läuft nicht so wie erhofft. Eine Idee hinter der Aktion war, dass Künstler und Menschen in möglichst vielen Städten am 27. August gleichzeitig Steine sprechen lassen. "Es ist doch ein toller Gedanke, dass wir hier in Leichlingen etwas machen, was zur gleichen Zeit auch in Köln oder in anderen Ländern geschieht", erläutert Bildhauer Welter. Allerdings habe sich diese Idee bislang nicht verbreitet. Bislang sind nur Leichlingen und Kaarst dabei.

Aber eine höchst unerwartete Überraschung habe die Aktion dennoch schon für ihn bereitgehalten, berichtet Berthold Welter: Als er sich nach Möglichkeiten erkundigte, ob ihm womöglich jemand die Kosten für den Tuffstein erstattet, habe dies unerwartet problemlos geklappt. Das Kölner Erzbistum wolle die Rechnung übernehmen. Und das Beste: "Ich musste dafür nur ein einziges Formular ausfüllen, das aus nur einer DIN A4-Seite bestand und in großer Schrift bedruckt war", sagt Welter und breitet die Arme aus. Soll wohl heißen: Es geschehen noch Zeichen und Wunder. refugees.weltersbeste.de

(RP)
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