Leichlingen Tötung: Zehn Jahre Haft für 74-Jährigen?

Leichlingen · Die Staatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass ein Leichlinger seine Ehefrau umgebracht hat. Sein Verteidiger beantragt Freispruch.

Im Prozess gegen einen 74-Leichlinger, der im Oktober vergangenen Jahres seine 17 Jahre jüngere Ehefrau mit einem Feuerlöscher erschlagen haben soll, haben Staatsanwaltschaft und die beiden Rechtsanwälte der Nebenklägerin und des Angeklagten ihre Plädoyers gehalten. Dabei weichen die Schlussreden deutlich voneinander ab: Der Rechtsbeistand der Nebenklägerin hält eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes für gerechtfertigt, die Staatsanwältin fordert zehn Jahre wegen Totschlags. Und der Verteidiger fordert, den Leichlinger freizusprechen.

Einig sind sich die Prozessbeteiligten lediglich, dass die 57-jährige Ehefrau am Morgen des 22. Oktobers vergangenen Jahres durch massive Gewalteinwirkung zu Tode gekommen ist. Dabei wurde ihr Schädel durch mindestens fünf massive Schläge mit einem 2,8 Kilogramm schweren Feuerlöscher zertrümmert. Außerdem stellte der Rechtsmediziner bei der Verstorbenen gebrochene Rippen und weiteren Verletzungen fest.

Die Staatsanwältin sieht nach Abschluss der Beweisaufnahme die Tat des Angeklagten als erwiesen an. Für einen unbekannten Dritten, der womöglich ins Haus eingedrungen sein soll, während sich der Mann seinen Angaben zufolge im Garten aufgehalten habe, gebe es keine Anhaltspunkte: So argumentierte sie gestern bei den Plädoyers im Landgericht Köln.

Genau das sieht der Verteidiger als einen Punkt an, den seiner Meinung nach die Kriminalpolizei nicht ausreichend verfolgt habe: "Da wurde von Anfang nur in eine Richtung ermittelt." Seine weitere Kritik an den Ermittlungsbehörden: "Als ich davon hörte, dass die Polizei erst sehr spät die Spuren untersuchte, habe ich nur gedacht, das kann doch nicht wahr sein."

Viele mögliche Hinweise, wie beispielsweise Teile der Kleidung des Angeklagten, wurden so nicht mehr gefunden. Zwar hatte der Angeklagte nach der Benachrichtigung der Rettungskräfte keine Zeit mehr, Spuren zu vertuschen, doch davor könnte er womöglich einen Kittel oder eine Jacke beseitigt haben, hieß es in der Hauptverhandlung.

Dieser Verdacht ließ sich aber im Prozess nicht erhärten. Auch den zahlreichen Zeugen-Aussagen - "Von denen keiner bei dem dramatischen Geschehen dabei war" - wurden vom Verteidiger keine besondere Bedeutung beigemessen. Die hätten nur ihre persönlichen Einschätzungen zur Persönlichkeit des Täters und dem Verhältnis der Eheleute geschildert, nicht aber zur Tat selbst. So argumentierte der Verteidiger zur Entlastung des 74-Jährigen.

Ersatzweise zu einem Freispruch plädierte der Verteidiger angesichts des Alters des mutmaßlichen Täters (der am heutigen Freitag übrigens genau 75 Jahre alt wird) für "eine milde Strafe". Zuvor hatte er noch den Antrag auf einen Ortstermin in dem Haus des Angeklagten gestellt. Das wurde von der Kammer aber abgelehnt.

Gestern wurde noch ein Mithäftling des Angeklagten vernommen, der per hausinterner JVA-Post geschrieben hatte: "Eigentlich hast du mich fast überzeugt, aber dann hast du dich verplappert ...." Doch daraus ließ sich dann doch kein Geständnis ableiten. In ihrer Stellungnahme erklärte die forensische Psychiaterin, dass sie keine Affekthandlung des Angeklagten erkennen könne und sie ihn für voll schuldfähig halte. Das Urteil soll am 27. Oktober verkündet werden.

(sg)
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