Leichlingen Verkommt Cremers Weiden zum Ghetto?

Leichlingen · Langjährige Bewohner der einstigen Vorzeigesiedlung sind enttäuscht: Seit Jahren sehen sie zu, wie das zentrale Wohngebiet im Grünen verkommt. Das zuständige Immobilienunternehmen Kiefer-Gruppe weist Vorwürfe von sich.

Die Vermüllung von Cremers Weiden
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Die Vermüllung von Cremers Weiden

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Eigentlich ist Cremers Weiden ein absolutes Filetstück: In unmittelbarer Nähe befinden sich Rathaus, Schulen, Kitas, das Blütenbad und Einkaufsmöglichkeiten, die allesamt fußläufig zu erreichen sind. Bezahlbarer Wohnraum, zentral und mitten im Grünen. "Wo hat man sowas heutzutage noch?", fragt Hans-Dieter Danner, ohne eine Antwort zu erwarten. Seit 1978 wohnt der 67-Jährige in der Siedlung, die in den 60er Jahren entstand. Er kennt Cremers Weiden noch aus Zeiten, in denen der Eigentümer selbst ein Auge auf Recht und Ordnung in "seiner" Siedlung warf. Das habe sich gerändert, seitdem die Kiefer-Gruppe Teile von Cremers Weiden übernommen habe. Wilde Müllkippen entstünden regelmäßig, die Grünanlage würde nur sehr sporadisch und dann auch nur oberflächlich in Ordnung gebracht. Einige Wohnungen seien von Schimmel befallen und die Konzentration einer bestimmten Gruppe von Menschen, die sich mittlerweile in Cremers Weiden ansiedele, sei problematisch, sagt eine Gruppe von Mietern, die den Kontakt zu unserer Redaktion gesucht hat.

Hans Josef (67) und Christa König (66) wohnen seit 40 Jahren in der Siedlung, wissen wie es vorher war und wie es heute aussieht. Ein kurzer Spaziergang durch die Siedlung zeigt einen mit Disteln zugewucherten Spielplatz und rostige Spielgeräte, die wenig einladend sind. "Ich würde mal sagen, dass der Sand hier seit mindestens 20 Jahren nicht mehr ausgetauscht wurde", vermutet Hans Josef König, dem die Verwahrlosung Sorgen bereitet. Er wisse von einigen Mietwohnungen, in denen Schimmel vor dem Einzug neuer Mieter einfach überstrichen worden sei. "Danach wird den Mietern die Schuld zugeschoben, weil sie angeblich nicht richtig Lüften würden", sagt König.

Gerd Nowak (65) zog mit seiner Frau Annelore (67) erst vor zwei Jahren nach Cremers Weiden: "Ich wohne eigentlich sehr gerne hier", sagt der Rentner. "Wir haben Glück mit unserer Wohnung gehabt, aber die äußeren Zustände machen mir doch Sorgen." Ein Kümmerer, sind sich diese Mieter einig, fehle in der Siedlung.

Mit dem Sachverhalt konfrontiert, weist Philipp Kiefer, Vorstandsvorsitzender der Unternehmensgruppe, gegenüber unserer Redaktion alle Vorwürfe von sich: "Ich finde es schade, dass unsere Mieter nicht direkt das Gespräch zu uns suchen." Eine Art Kümmerer sei mit dem örtlichen Hausmeister und mit der Objektmanagerin gegeben. Doch die Mieter erwidern: "Der Hausmeister ist der einzige Lichtblick in diesem Laden", doch die Objektmanagerin sei äußerst schwierig zu erreichen.

Kiefer gab zu, für Ordnung und Sauberkeit der Siedlung zuständig zu sein, doch Müllprobleme und Mülltourismus gebe es überall. Hier sei der Immobilieneigentümer darauf angewiesen, von den Mietern informiert zu werden, wenn ihnen etwas auffalle. In die Siedlung sei entgegen der Vorwürfe sehr wohl investiert worden, zuletzt in ein Fernheizkraftwerk. "Wir wollen nicht als Heuschrecke da stehen", betont Kiefer. Der Wohnbestand sei nicht marode. Sanierungsarbeiten würden sich auf die Mietpreise auswirken, was viele Mieter nicht wollten.

Danner, König und Nowak wären bereit, etwas mehr an Miete zu zahlen, wenn ihr Cremers Weiden dadurch aufgewertet würde, denn sie schämten sich mittlerweile, Freunde oder überhaupt jemanden zu sich nach Hause einzuladen, in ihrer Wohnsiedlung zu empfangen. "Und wenn wir dann gehen, bleiben am Ende nur die, die den ganzen Müll hier auf die Straße werfen, und die Siedlung verkommt endgültig zum Ghetto", sagen die Mieter. "Es ist äußerst schwierig, da alle glücklich zu machen", sagt Kiefer.

(RP)
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