Leichlingen Volkstrauertag: aufwühlende Messe für den Frieden

Leichlingen · Dass ein Muezzin in der katholischen Kirche zum Gebet ruft, im Konzert eines evangelischen Kirchenchores, hat es wohl vorher in Leichlingen noch nicht gegeben. Am Sonntag fügte sich alles zusammen zur ebenso aufwühlenden wi anrührenden Aufführung einer Messe für den Frieden.

Zum Volkstrauertag sang der Figuralchor der Evangelischen Kantorei die Friedensmesse "The armed Man" von Karl Jenkins, im Jahr 2000 uraufgeführt in Gedenken an die Opfer des Kosovokrieges. Komponiert, um "das Ende eines von Kriegen verwüsteten Jahrtausends anzuzeigen und um ein Vermächtnis von Frieden und Hoffnung für die Zukunft zu schaffen."

16 Jahre später bleibt die Hoffnung auf Frieden, der zumindest in diesem Konzert für einige Augenblicke zutiefst spürbar war. Der Kölner Chorleiter Michael Reif, der mit der Erarbeitung dieses Werkes den Figuralchor durch die schwierige Zeit der Kantoren-Vakanz führte, hat vor allem die höchst emotionale Tonsprache herausgearbeitet.

Affekte, die Schrecken und Elend vermitteln, aber auch trösten und Hoffnung säen, gingen wirklich unter die Haut. Und das über alle Grenzen hinweg, in mehrfacher Hinsicht.

Über die Grenzen von Religionszugehörigkeit und Kulturen, weil "The armed Man" Teile der katholischen Messe kombiniert mit Bibelversen, einem 2000 Jahre alten indischen Epos, dem islamischen Gebetsruf "Allahu Akbar", sowie literarischen Texten und dem eines Augenzeugen der Atombombe von Hiroshima.

Vertont ist das in unterschiedlichen musikalischen Stilen von Gregorianik bis zu farbigen Klängen der Filmmusik. Aufhorchen ließ zu Beginn das entfernte militärische Trommeln, das sich aus der Ferne nähert, bis sich der scharfe Klang einer Piccoloflöte mit der Melodie eines alten französischen Soldatenliedes hinzugesellt, das die Chorsänger als rhythmischen Schlachtgesang aufgreifen.

Prägnante und vorwärtstreibende Rhythmik spielte durchweg die entscheidende Rolle, entsprechend stark besetzt war das Schlagwerk der Bergischen Kammerphilharmonie, die Chorsänger mit durchdringenden Fanfaren buchstäblich zum Angriff trieb.Der passende Sound für ein heroisches Filmepos, das in unbeschreiblichem Krach und Chaos aller Beteiligten endet. An dieser Stelle mussten die Sänger kurz alles vergessen, was sie von ästhetischer Stimmführung wissen.

Umso wirkungsvoller die folgende totale Stille, die weiche Melodik des "Agnus dei" oder der schlichte Choral zum Abschluss, nachdem Chor und Orchester effektvoll die Friedensglocken geläutet haben. Isabelle Michollek sang mit vollem, schweren Sopran die Solopartien und den eindringlichen Gebetsruf sang der Düsseldorfer Imam Fahri Agzikara.

(mkl)
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