Leichlingen Wie eine gute Sportlerprothese entsteht

Leichlingen · Sie arbeiten im Hintergrund: Die Orthopädietechniker Jan Lentes und Tim vom Hagen sind mit ihrer Arbeit maßgeblich am Erfolg der Leverkusener Paralympics-Teilnehmer beteiligt.

 Die Orthopädietechniker Jan Lentes (l.) und Tim vom Hagen stellen (Teile der) Prothesen vieler Spitzensportler beim TSV Bayer 04 her.

Die Orthopädietechniker Jan Lentes (l.) und Tim vom Hagen stellen (Teile der) Prothesen vieler Spitzensportler beim TSV Bayer 04 her.

Foto: Uwe Miserius

Die Paralympischen Sommerspiele in Rio liegen rund ein Dreivierteljahr zurück. Athleten des TSV Bayer 04, der im Breiten- und Spitzensport eine der größten Abteilungen im Behindertensport besitzt, gewannen insgesamt 15 Medaillen - zum Beispiel Heinrich Popow, der gestern erst wieder bei der TV-Tanzshow "Let's Dance" unter Beweis stellte, was mit einer Beinprothese alles möglich ist. Am Erfolg der Sportler tragen auch Jan Lentes und Tim vom Hagen einen Anteil.

Im Rampenlicht stehen die beiden Orthopädietechniker dabei nicht. Sie arbeiten im Hintergrund. Wie sehr viele im großen Team, das nach Brasilien reiste. Lentes und vom Hagen feilen, modellieren, passen an. Denn sie stellen die Prothesen vieler Spitzensportler auf dem Gelände der Leichtathleten her. Oder genauer: den passenden Schaft, in den der Stumpf schlussendlich hineingeführt wird.

"Im Frühjahr fangen wir da eigentlich immer wieder von vorne an", scherzt Lentes. Nicht nur, weil vor wichtigen Wettbewerben wie im vergangenen Sommer viel getan werden müsse, um das perfekte Ergebnis zu erhalten. Auch bergen die Lebensweisen der Athleten ihre Tücken. Befinden sie sich im Sommer körperlich auf dem Höhepunkt, nimmt die Fitness in den Wintermonaten - wie bei den meisten Menschen - ab, das Gewicht hingegen zu. Das hat Auswirkungen auf die Passform der Prothese: Es kann hier und da drücken, unbequem sein.

"Die Athleten müssen nur mal das Training umstellen, mehr Muskeln auf- oder abbauen - schon passt es nicht mehr perfekt", erklärt Lentes. "Häufig merken die Sportler zu spät, dass etwas nicht stimmt. Meistens vor Turnieren."

Jan Lentes führt in Köln und Leverkusen Werkstätten des Unternehmens "APT Prothesen". Drei Jahre müssten Lehrlinge den Beruf erlernen, berichtet er. Eine gute Prothese beispielsweise für in amputiertes Bein herzustellen, dauere unterschiedlich lang, manchmal bis zu zwei Monate.

Vereinfacht gesagt, wird zunächst ein positiver Gipsabdruck des Stumpfes hergestellt, der in mühsamer Arbeit ausgefeilt wird. Im nächsten Schritt erhitzen die beiden Orthopädietechniker eine dünne, durchsichtige Kunststoffplatte, die über den Gips gezogen wird. "Dadurch, dass es einsehbar ist, können wir bei der Anprobe herausfinden, an welchen Stellen nachjustiert werden muss", erläutert vom Hagen. Zuletzt wird bei einer Beinprothese der Schaft an das von der Industrie gelieferte Gelenk samt Fuß montiert. Dieser Prozess ist für alle Kunden - ob Spitzensportler oder Privatmann - gleich. Auch der Haltemechanismus ist derselbe: Ein erzeugtes Vakuum sorgt für einen festen Sitz am Bein.

Zurück zu den Erfolgen bei den Paralympischen Spielen des vergangenen Jahres: Ihren Anteil daran wollen Lentes und vom Hagen nicht zu hoch hängen - selbst wenn Weitspringer Heinrich Popow mit ihrer Prothese die Goldmedaille holte. "Stolz sind wir schon, der Anteil der Prothese liegt da aber nur bei circa zehn Prozent", sagt Chef Lentes.

(brü)
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