Leverkusen 687,32 Meter haben Geburtstag

Leverkusen · Die Rheinbrücke der A1 von Leverkusen nach Köln wird in diesem Jahr 45 Jahre alt. Pünktlich dazu ist eine DVD mit teils noch nie veröffentlichtem Film- und Bildmaterial zum damals für Anwohner spektakulären Bau der Brücke erschienen. Eine Rückschau.

Leverkusen/Köln Über sieben Brücken muss man geh'n, um in Köln von einer Seite des Flusses auf die andere zu gelangen. Doch es gibt noch eine weitere, achte, Verbindung über den Strom. Zu welcher Stadt die Leverkusener Autobahnbrücke gehört, darüber kann man trefflich streiten. Denn die Grenze zu Köln verläuft genau in der Flussmitte. Vor 45 Jahren wurde die Brücke, die Köln-Merkenich und Leverkusen-Wiesdorf miteinander verbindet, eingeweiht. Auf seiner im November erschienen DVD "Chronik der Rheinbrücken" zeigt der Kölner Hermann Rheindorf noch nie gezeigte und bisher verschollen geglaubte Aufnahmen von ihrer Entstehung.

In den 1960er Jahren ist Joseph Dick ein begeisterter Hobbyfilmer. Der Kölner Ortsteil Merkenich, in dem Dick lebt, ist damals noch ganz und gar dörflich. Für Dick und die anderen Dorfbewohner sind die Bauarbeiten, die im Sommer 1961 zwischen den Merkenicher Rheinwiesen und der Leverkusener Dhünnaue beginnen, ein alles umwälzendes Ereignis.

Bislang konnte man zwischen der Köln-Mülheimer Brücke und Düsseldorf lediglich mit dem Schiff das andere Ufer erreichen. Mit der Fähre von Köln-Langel nach Hitdorf, die bis heute verkehrt. Dann aber, in jenem Sommer 1961, " kommen die Lkw, und mit den Lkw kommt der Schlamm. In einem nimmer endenden Lindwurm schaffen sie Erdreich für den Wall heran, der Merkenich im Norden umschließt und mit jeder neuen Ladung höher und höher wird. Es ist der letzte Sommer, an dem die Merkenicher Kinder hier im Sand sitzen".

Fast ein halbes Jahrhundert später kommentiert der Kölner Hermann Rheindorf so Dicks faszinierende, bisher noch nie öffentlich gezeigten, Aufnahmen vom Bau der Leverkusener Autobahnbrücke. Rheindorf hat sie wieder entdeckt. Auf seiner DVD "Chronik der Kölner Rheinbrücken" dokumentieren sie, zusammen mit bisher verschollen geglaubtem Material von Kameraleuten der beteiligten Baufirmen, den gesamten Werdegang der 687,32 Meter langen Verkehrsverbindung zwischen Köln und Leverkusen. Vor 45 Jahren wurde sie eingeweiht.

Heute nutzen, pro Tag, rund 120 000 Fahrzeuge die Überführung der Autobahn A1. Im Jahr 1962, nach der Winterpause, laufen die Arbeiten für die Aufbauten auf Hochtouren. Rheindorf beschreibt das so: "In Köln-Kalk, im Werk der Stahlbau Humboldt AG, werden die Einzelteile der Brückenkonstruktion einbaufertig geschweißt und genietet. Später ragen die Pylone 50 Meter hoch hinauf". Ist die Trasse erst fertiggestellt, wird sie Köln zur ersten Stadt in Europa machen, die von einem geschlossenen Autobahnring umgeben ist.

Ihr Werdegang wirkt auf Rheindorfs DVD wie ein spannendes, aus lauter Filmschnipseln akribisch zusammengesetztes Puzzle. Während die Aufnahmen der Kameraleute die vierjährige Bauzeit von 1962 bis 1965 abbilden, erzählen die Impressionen des Merkenicher Hobbyfilmers von einer Welt, die es danach so nicht mehr gibt: "Insgesamt verschlingt die Trasse 134 Hektar Grund und Boden, der in 70 Kaufverträgen erworben wird. Elf Grundstückseigentümer weigern sich, einen solchen Vertrag abzuschließen und werden enteignet." Denn das Bauvorhaben braucht Platz. Viel Platz: "Bevor es zum Rhein geht, kommt die Rampe. Sie verläuft auf 372 Metern Spannbeton, der auf Pfeilern ruht.

Nur um Millimeter verfehlt die Trasse den Dorfeingang. Ein Haus mit hellgelbem Putz darf stehen bleiben". Doch die freie Sicht — wie sie Dicks Aufnahmen noch zeigen — ist dem Besitzer künftig verwehrt. Und die Kinder, die man eingangs im Sand der Rheinaue sitzen sieht, sind längst zu Teenagern geworden, als der stählerne Koloss 1965 seinen Dienst aufnimmt.

(RP)
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