Parteitag der Leverkusener SPD A1-Tunnel: "Killerstaub" schrecke junge Eltern ab

Leverkusen · Die Tunnellösung zur A1 soll Bestandteil etwaiger Regierungsvereinbarungen sein, fordert der Leverkusener Parteitag.

 Die erste Reihe beim SPD-Parteitag: (v.l.) Oberbürgermeister Uwe Richrath, Landtagsabgeordnete Eva Lux, Bundestagsabgeordneter Karl Lauterbach und die Leverkusener Parteivorsitzende Aylin Dogan.

Die erste Reihe beim SPD-Parteitag: (v.l.) Oberbürgermeister Uwe Richrath, Landtagsabgeordnete Eva Lux, Bundestagsabgeordneter Karl Lauterbach und die Leverkusener Parteivorsitzende Aylin Dogan.

Foto: Uwe Miserius

Die Leverkusener SPD hat einen meinungsfreudigen Parteitag hingelegt. Hauptthemen waren: die A1/A3-Problematik und die Haltung zu einer neuen Großen Koalition (GroKo).

Die Mehrheit der 94 Sozialdemokraten, die Samstag bei Norhausen, Rheindorf, tagten, lehnt die Fortsetzung der CDU-SPD-Koalition in Berlin ab. Egal, wie sich nun die Bundes-SPD nach den jüngsten Entwicklungen positioniert, die lokale SPD erwartet: Die Tunnellösung für die A1 muss Bestandteil von etwaigen Regierungsvereinbarungen sein, ob bei Duldung einer Minderheitsregierung oder bei einer neuen GroKo - mit oder ohne Merkel.

Zum offenen Schlagabtausch zwischen dem SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Vertretern der SPD-Stadtratsfraktion zum kontrovers gesehenen Thema langer oder kurzer A1-Tunnel kam es nicht. SPD-Unterbezirksvorsitzende Aylin Dogan hatte die Gegner vorab zu einem gemeinsamen Antrag bewegt.

Auffallend: SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Ippolito (favorisiert den kurzen Tunnel) diskutierte auf dem Parteitag nicht mit. Lauterbach fordert den langen Tunnel zwischen Autobahnkreuz Leverkusen und Köln-Niehl, alles andere bringe nichts und sei gesetzlich nicht begründbar.

Oberbürgermeister Uwe Richrath gab ein überraschend emotionales Statement ab: Der Neubau der A1-Brücke Leverkusen müsse bis 2020 kommen. Die Region brauche diese Flussquerung. Deutschland benötige dazu ein Gesamtkonzept zur Mobilität, damit die Lebensqualität in den Städten erhalten bleibe. Bundespolitisch sei in dieser Hinsicht in den vergangenen fünf Jahren nichts gemacht worden. "Wo war denn da die Bundesregierung?", rief er Lauterbach zu.

Der Leverkusener Oberbürgermeister ist von der oft subjektiv bis unfair geführten A1-Tunneldiskussion inzwischen spürbar gestresst. Speziell via Internet wird er persönlich viel beleidigt. Einzelne Internet-Nutzer haben Richrath mit körperlicher Gewalt gedroht, hieß es am Rande des Parteitages. Dies gehe bis hart an die Grenze zu Mordaufrufen.

Harvard-Professor Lauterbach verdichtete das Thema A1-Tunnel auf die Feinstaubgefahr. Speziell der Staub unter 2,5 Mikrometer Größe sei ein wenig beachteter Umweltkiller. "In Deutschland sterben daran jährlich geschätzt 60.000 Menschen", sagte der Politiker (Tote im Straßenverkehr 2016: rund 3200). Bei Verkehrsplanungen müsse die Einschätzung dieser Gefahren fester Bestandteil der Entscheidungen werden, forderte Lauterbach.

In Kalifornien dürften schon keine Kindergärten oder Grundschulen an verkehrsreichen Straßen mehr gebaut werden. Würde nach diesen Vorschriften verfahren, hätte die Stadt Leverkusensowohl in Schlebusch, als auch in Lützenkirchen, Opladen und Rheindorf etliche Kita-Problemstellen.

Der Professor warnte: Feinstaub verhindere bei Kindern die optimale Entwicklung des Gehirns und löse bei Senioren Alzheimer aus. Die Konsequenz könnte sein: Eltern mit kleinen Kindern meiden bald Städte wie Leverkusen, um ihren Nachwuchs zu schützen.

Die Leverkusener SPD erwartet von der Stadt jetzt zur systematischen Erkundung des lokalen Risikos mehr Messpunkte. "Solche Messcontainer sind für rund 10.000 Euro zu haben. Leverkusen braucht mindestens sieben davon", erklärte Lauterbach im Gespräch mit unserer Redaktion. Bedingung: Der Feinstaub müsse in Nasenhöhe von kleineren Kindern, also in etwa ein Meter Höhe, gemessen werden (heute: drei Meter Höhe).

Untersuchungen direkt an der Autobahn seien übrigens verfälschend, die Stadt brauche Ergebnisse an innerstädtischen Straßen. "Die Gefahr durch die momentan diskutierten Stickoxide ist im Vergleich zum Killer Feinstaub unbedeutend", betonte Mediziner Lauterbach.

Spätestens in zehn Jahren werde es zum Allgemeinwissen zählen, dass die winzigen Staubpartikel so gefährlich seien wie unbehandelter Bluthochdruck. "Ich persönlich fordere den langen Tunel für die A1 und einen Durchfahrtstunnel für die A3 im Bereich Leverkusener Autobahnkreuz."

Nur so habe die Stadt eine Chance, den Feinstaub einigermaßen in den Griff zu bekommen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort