Leverkusen Auch Anfänger dürfen heiße Eisen schmieden

Leverkusen · Die Ausbildung zum klassischen Sensenschmied ist in Deutschland eigentlich nicht mehr möglich. Diesen Beruf gibt es so nicht mehr. Dennoch lernt der gelernte Schreiner Michael Schmidt gerade die einzelnen Handgriffe, um selbstständig Sensen zu schmieden.

 Schmiedemeister Siegfried Seiler demonstriert dem Publikum im Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer sein Handwerk.

Schmiedemeister Siegfried Seiler demonstriert dem Publikum im Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer sein Handwerk.

Foto: Miserius

Seit zwei Jahren befindet er sich ehrenamtlich in der Ausbildung bei Siegfried Seiler, den im Freudenthaler Industriemuseum alle nur liebevoll "Siggi" nennen. Er hat das Schmieden von der Pike auf gelernt. Im Alter von 14 Jahren begann er 1958 im Sensenhammer eine Ausbildung zum Sensenschmied. "Damals habe ich als Wärmer angefangen. Das heißt, ich habe die einzelnen Öfen für die Meister angeheizt." Insgesamt sechs Jahre hätte er gebraucht, bis er das Handwerk beherrschte. Dass der Betrieb 1987 schließen musste, macht ihn heute noch traurig. Deshalb ist er froh, dass es im Industriemuseum vereinzelt Tage gibt, an denen die Maschinen nochmals angeschmissen werden. Dann leuchten seine Augen wieder.

So auch am vergangenen Wochenende zur "Nacht der Schmiedefeuer". Gemeinsam mit dem LVR-Industriemuseum Engelskirchen und dem Stellershammer in Lindlar organisiert das Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer bereits seit einigen Jahren diesen besonderen Abend, an dem Besuchern die hohe Kunst des maschinellen Freiformschmiedens präsentiert wird. Das beginnt beim einfachen Erhitzen des Stahls über das Spitzen und dem Breiten bis hin zum Glattschmieden, Abschneiden und Aufsetzen. Während die Reck- und Breithämmer den Boden in der Schmiedehalle erzittern lassen, sitzt bei "Siggi" jeder Handgriff. Die laute Geräuschkulisse, in der man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, scheint ihn nicht zu stören. Das sieht schon sehr kunstvoll aus, wie er eine Sichel nach der anderen fertigt. Und auch bei Azubi Michael Schmidt sieht es schon recht professionell aus. "Ich mache das rein aus der Freude heraus. Irgendwie muss ich meine Abende ja füllen", sagt er schmunzelnd.

Besucher dürfen ebenfalls Hand anlegen. Zwar nicht innerhalb der Schmiedehalle, das wäre zu gefährlich, aber bei der Schmiedegruppe vor dem Eingang. Dort dürfen Interessierte selbstständig das Stück Eisen erhitzen und verbiegen. Die siebenjährige Lisa hat sich zum Beispiel für ein Schneckenhäuschen entschieden. Ausgerüstet mit Schutzbrille, Lederschutzkleidung und großen Handschuhen schlägt sie am Amboss auf das Eisen. Dabei stellt sie fest, dass das gar nicht so einfach ist. Zum Glück kann ihr Vater helfen. Auch andere Besucher versuchen sich. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt, und so entstehen Notenschlüssel, Flaschenöffner oder kunstvolle Objekte. Und wer immer noch nicht genug bekommt, der wird eingeladen, an den monatlichen Schmiedestunden teilzunehmen. Die sind immer am zweiten Samstag im Monat und sind offen für jedermann.

Weitere Informationen: www.sensenhammer.de

(RP)
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