Leverkusen Aufschlussreiche Räume im Schloss

Leverkusen · Die neue Ausstellung zeigt Porträts von Menschen - indirekt über die Charakteristika ihrer Wohnungen.

 Andrea Zittel macht die Veränderung des Wohnens durch permanente Erreichbarkeit sichtbar: Nachrichten durchdringen die eigenen vier Wände.

Andrea Zittel macht die Veränderung des Wohnens durch permanente Erreichbarkeit sichtbar: Nachrichten durchdringen die eigenen vier Wände.

Foto: UM

Wohnst du noch, oder lebst du schon? Der Werbeslogan hat uns längst deutlich gemacht, dass eine Wohnungseinrichtung viel mehr bedeutet als die Ansammlung von Möbeln zum täglichen Gebrauch. Menschen definieren sich über das Interieur ihrer vier Wände, lassen sich von Magazinen inspirieren. Und umgekehrt wird die Wohnung von anderen mit einem prüfenden Blick abgescannt, weil man sich so ein Bild von der darin lebenden Person macht. Diese doppelte Alltagserfahrung von zwei Seiten war Ausgangspunkt für die Kunstausstellung "Aufschlussreiche Räume", die am Sonntag im Museum Morsbroich eröffnet wird.

Dazu haben 16 Künstler indirekte Porträts geschaffen, in denen die Bewohner selbst nie zu sehen sind und man dennoch viel über sie und ihre Lebensweise erfährt. Die Ausstellung ist auf das Schloss abgestimmt, mehrere Künstler haben vor und für diesen Ort gearbeitet.

Wie Robert Haiss, der zur Eröffnung anwesend sein wird. Grün be-laubt waren die Bäume im Schlosspark, als er im Spätsommer auf dem Grundstück nach Motiven für seine feinen zeichnerischen Bilder suchte und einen Raum auswählte, den er gerne bespielen wollte. Er entschied sich für einen der kleinsten Räume über dem Eingang, weil der mit seiner überstrichenen Tapetentür am geheimnisvollsten erschien. In mehreren Bildern öffnete er gedanklich diesen verborgenen Eingang und bot damit mehrere mögliche Einblicke. Dazu hängte er Skizzen mit Gedanken und Kommentaren, außerdem Blicke in den Schlosspark.

Andreas Schulze holte dieses innerstädtische Idyll bis in seinen neu inszenierten Raum hinein. Wie eine Insel, die allerdings umgeben ist von Bildern mit Versatzstücken von Rohren, die gefärbten Qualm aus diversen Löchern strömen lassen. In metallischer Färbung grundierte Wände und Boden verstärken diesen krassen Gegensatz einer eher bedrohlichen Industrielandschaft.

Am anderen Ende der ersten Schlossetage hat Claus Richter eine Art Rückzugsort für einen Vogelliebhaber mit Stilmitteln des Art Deco geschaffen. Hier müssen die Besucher zuerst in Filzpantoffeln steigen, bevor sie den Teppichboden betreten dürfen, der ebenso tief schwarz ist wie die Wände, an denen schwarze, mit Vögeln bestickte Wandbehänge platziert sind.

Einen Gegenpol richtete Andrea Zittel ein. Sie machte eine Veränderung des Wohnens durch permanente Erreichbarkeit sichtbar. Persönliche wie politische oder gesellschaftliche Nachrichten durchdringen die eigenen vier Wände. Die hat Zittel mit originalen Zeitungsseiten tapeziert, die allerdings nur noch formal existieren. Die Inhalte wurden entleert und durch Blindtexte ersetzt. Miriam Bäckström fotografierte Wohnungen verstorbener Personen und Räume aus dem Ikea-Museum. Simone Demandts Blicke in Garagen ohne Autos verraten einiges über die Nutzer.

Zur Schau erscheint ein Katalog in zwei Teilen. Das erste Heft dient als Guide beim Rundgang. Der zweite Teil erscheint im Stil einer Wohnzeitschrift, in der die Ausstellungsansichten nachgeliefert werden. Vorgestellt wird Teil zwei am 6. März beim Künstlergespräch im Schloss.

Eröffnung Sonntag, 31. Januar, 12 Uhr; bis 24. April, Museum Morsbroich, G.-Heinemann-Str. 80. Öffnungszeiten: Di bis So 11 bis 17, Do bis 21 Uhr. Führungen: So 15 Uhr.

(mkl)
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