Leverkusen Bayer 04: Facebook-Boom wirft Fragen auf

Leverkusen · Der Werksklub hat die Zahl seiner Fans im Sozialen Netzwerk in knapp vier Monaten mehr als verdreifacht. Bayer 04 bestreitet, virtuelle Anhänger gekauft zu haben. Vielmehr hänge der Aufschwung mit Manchester United zusammen.

Das wollte Lukas Podolski nicht auf sich sitzen lassen. Die Werksprofis Bayer 04 Leverkusen hätten mehr "Gefällt mir"-Einträge bei Facebook ("Likes) als "sein" 1. FC Köln, habe er erfahren müssen, twitterte "Poldi" neulich. Das müsse man ändern, forderte er. Doch es änderte sich nichts: Nach wie vor liegt der Werksklub mit 485 000 Likes (Stichtag 10. Januar) deutlich vor dem FC (448 000). Weil Bayer 04 ganz generell bei Facebook außergewöhnlich boomt, wirft dieser Vorgang auf.

Warum machen die Zahlen stutzig? Zum einen passen diese im Vergleich zu anderen Bundesligisten bemerkenswerten Zahlen nicht zum Zuschauerinteresse, dass die Werkself in Stadien und vor dem Bildschirm weckt.

Der Verein selbst moniert ja, die Mannschaft habe mehr Fans in der BayArena verdient, und Sky (Liga, Champions League) sowie ZDF (Champions League) bescherte Bayer 04 in der Vergangenheit nicht gerade Traumquoten. Innerhalb von vier Monaten hat der Werksklub jedoch die Zahl seiner Facebook-Fans mehr als verdreifachen können. Zuvor war die Zahl in knapp zweieinhalb Jahren nicht auffällig stark gewachsen.

Woher stammen die Facebook-Fans von Bayer 04? Am Messzeitpunkt 6. Januar stammten nur 20 Prozent (82 247) der "Likes" von Bayer 04 aus Deutschland. Es folgen Brasilien (34 906), Indonesien (22 836), Ägypten (22 482), Türkei (21 976) und Mexiko (17 247) auf den Plätzen. Selbst in Thailand, Algerien und Chile "gefällt" Bayer 04 mehr als 10 000 Facebook-Nutzern.

Hat Bayer 04 etwa Likes gekauft? "Ganz klar: Nein!", sagt Meinolf Sprink, Medien- und Kommunikationsdirektor bei Bayer 04. Man kaufe keine Likes, und es habe auch niemand im Verein jemanden beauftragt, welche zu kaufen.

Welche Gründe nennt der Verein stattdessen für den Anstieg? Bayer 04 sagt, der exorbitante Anstieg habe mit Beginn der laufenden Champions-League-Saison eingesetzt. Man bringt ihn vor allem mit den beiden Duellen mit dem Global Player Manchester United in Verbindung. Futter für diese Sichtweise liefern die Vermarktungsexperten der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Ihnen zufolge ist United noch immer die Nummer eins, was das weltweite Interesse am Vereinsfußball angeht.

Weder Real Madrid, noch der FC Barcelona oder Bayern München könnten da heranreichen. Bayer 04 bekam demnach als Manchester-Gegner einen Teil der Aufmerksamkeit ab und konnte diese für sich gewinnbringend nutzen.

Wäre das Kaufen von Likes denn legal? "Facebook selbst verbietet den Handel von Likes", sagt Jörn Grahl, Social-Media-Experte der Uni Mainz. Dennoch gibt es Firmen, die genau das machen: Likes verkaufen. 10 000 deutsche, zielgruppen-passende Facebook-Fans lassen sich beispielsweise für 699 Euro erwerben.

5000 internationale Fans, allerdings nicht auf eine Zielgruppe zugeschnitten, kosten nur 299 Euro. Experten sprechen von einer rechtlichen Grauzone.

Was sagt Facebook selbst dazu? Die Facebook-Betreiber schreiben auf ihrer Seite: "Wir haben niemals den Kauf oder Verkauf von Likes erlaubt, weil wir wollen, dass die Leute Seiten oder Marken nur aus freien Stücken besuchen."

Sind Likes letztlich überhaupt das Entscheidende, um den Erfolg einer Facebook-Seite zu messen? Nicht unbedingt. Bei vielen Experten hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die generelle Reichweite nur ein erstes Messkriterium darstellt.

Eine verlässlichere Aussage über Relevanz und Qualität einer Facebook-Seite liefert für viele die Frage, wie viele der einzelnen Beiträge einer solchen Seite Fans erreichen und verbreitet werden, und wie hoch die Interaktion der Fans mit der Seite selbst und untereinander ist.

(RP)
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