Falko Götz Bayer 04-Legende bei der Kreispolizei

Leverkusen · Der frühere Fußballstar, der in Odenthal lebt, beleuchtet für das Mitarbeitermagazin PIN seine Ost-West-Karriere

 _Magischer Moment: Falko Götz (kniend) erzelt das 2:0 im Uefa-Cup-Finale 1988 für Bayer 04.

_Magischer Moment: Falko Götz (kniend) erzelt das 2:0 im Uefa-Cup-Finale 1988 für Bayer 04.

Foto: Peter THönes

Rhein-Berg Er war Auswahlspieler und hatte mehrere Einsätze in der Jugend-, Nachwuchs- und Olympiaauswahl der DDR. Doch am 3. November 1983 änderte sich das Leben für Falko Götz dramatisch. Da setzte sich der Fußballstar zusammen mit Dirk Schlegel vor dem Europapokalspiel bei Partizan Belgrad in die bundesdeutsche Botschaft in Jugoslawien ab. Nach der Flucht wurde er von der FIFA für ein Jahr gesperrt. Auf den Tag genau ein Jahr nach seiner Flucht bestritt Götz am 3. November 1984 sein erstes Bundesligaspiel in Westdeutschland für Bayer Leverkusen. Mittlerweile ist er ein erfolgreicher Trainer und lebt in Odenthal mitten im Rheinisch-Bergischen Kreis. Grund genug für Peter Raubuch von der Kreispolizei, den 53-Jährigen für die Mitarbeiterzeitschrift PIN zu interviewen. Immer auf der Suche nach interessanten Gesprächspartnern entlockte er Götz so manches spannende Zitat.

Sie sind in Sachsen geboren und wuchsen in einem Ostberliner Vorort auf. Wie verlief Ihre Kindheit und wie kamen Sie zum Fußball?

götz Ich bin wohlbehütet mit Eltern aufgewachsen, die mir und meinen beiden Geschwistern jederzeit zur Seite standen. Ich bin froh und dankbar, dass meine Eltern noch leben und ihren Lebensabend genießen. Es war schon etwas verrückt, wie ich zum Fußball kam. Eigentlich sollte ich zunächst Eiskunstläufer werden, was mir zu grazil war, dann probierte ich Eishockey, das meiner Mutter zu brutal schien. So landete ich beim Fußball, also irgendwo dazwischen. Im Alter von sieben Jahren schloss ich mich dem FC Vorwärts Berlin an, wechselte aber bereits 1971 zum BFC Dynamo Berlin, dem Club von Stasi-Chef Erich Mielke. Und obwohl es bei weitem nicht immer rund lief - vor allem, weil die Familie Kontakte in den Westen unterhielt und uns das auch spüren ließ - bestritt ich über 50 Spiele für Auswahlmannschaften der DDR.

Gab es denn einen Auslöser, der Unzufriedenheit weckte und erstmals Fluchtgedanken aufkommen ließ?

götz Schon mit 14 Jahren war ich zu einem Sichtungslehrgang eingeladen. 80 talentierte junge Fußballer kämpften um zehn Plätze an der Sportschule. Ich wurde dritter, was mir aber nichts nutzte, denn berücksichtigt wurde ich trotzdem nicht. Total frustriert war mir klar, dass in der DDR nicht nur Leistung zählte. Doch ich schaffte es auch ohne Förderung an der Sportschule und wurde erstmals mit 17 in die DDR-Juniorenauswahl berufen. Bei einem Länderspiel in Schweden wurde ich von einem westlichen Scout angesprochen. Nach Rückkehr offenbarte ich mich meinem Vater, der mir allerdings riet, mir zunächst in der DDR einen Namen zu machen. Als der BFC sich 1983 für den Europapokal qualifiziert hatte, war es soweit. Am 1. November reiste ich mit der Mannschaft nach Belgrad. Hier besuchten wir die Innenstadt, um einzukaufen. Mein Freund und Mitspieler Dirk Schlegel und ich nutzten eine günstige Gelegenheit und verließen unbemerkt einen Plattenladen durch einen Seiteneingang und rannten im wahrsten Sinne des Wortes um unser Leben. Ein Taxi nahm uns auf und brachte uns zur Botschaft der Bundesrepublik, wo wir schnell mit Pässen ausgestattet wurden und den Nachtzug nach München bestiegen. Unglaublich, aber wir trafen schon am Donnerstagmorgen in München ein.

Wie ging es dann weiter?

götz Wir kamen - wie alle - zunächst in das Notaufnahmelager für DDR-Flüchtlinge in Gießen. Hier stellten wir Kontakt zu Jörg Berger her, der einige Jahre vorher ebenso aus der DDR geflohen war und damals Hessen Kassel trainierte. Er beriet uns und so konnten wir schon nach kurzer Zeit aus elf Angeboten von Bundesligisten wählen. Wir entschieden uns für Bayer Leverkusen. Da wir nach den UEFA-Statuten für ein Jahr gesperrt waren, arbeitete ich in der Zwischenzeit beim Bayer-Kaufhaus, bereitete mich aber intensiv auf mein erstes Bundesliga-Spiel vor. Am 3. November 1983 wurde ich bei Arminia Bielefeld eingewechselt: ein großartiges Gefühl.

1988 holten Sie mit Bayer den UEFA-Cup, wechselten danach zum 1. FC Köln, mit dem Sie unter Christoph Daum zweimal Vize-Meister wurden. Hat man Ihnen den Wechsel zum Erzrivalen übel genommen?

götz Natürlich gab es bissige Kommentare. Aber die medialen Begleitumstände sind nicht vergleichbar. Damals waren die Boulevardmedien Meinungsführer, heute spielen sich solche Diskussionen über soziale Netzwerke und Internetforen ab; mit nur sehr bedingten Einwirkungsmöglichkeiten. Nein, ich habe gerade beim FC eine sehr schöne Zeit verbracht.

(RP)
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