Leverkusen Bayer-Blasorchester spielt sich in die Herzen

Leverkusen · Der Zuhörerandrang im Erholungshaus war so groß, dass die Besucher auch im Foyer stehen mussten.

Leverkusen: Bayer-Blasorchester spielt sich in die Herzen
Foto: Miserius, Uwe (umi)

Von wegen Blasmusik gilt als angestaubt und unpopulär! Der Erholungshaus-Saal war jedenfalls in diesem Jahr zu klein beim traditionellen Konzert am Pfingstmontag. Mann musste die Türen offen stehenlassen, damit weitere Zuhörer draußen im Foyer der schwungvollen Musik lauschen konnten und niemand nach Hause geschickt werden musste. Vielleicht spielte ja das Wetter mit, das nicht alternativ zu Wanderungen oder in den Biergarten einlud. Ganz sicher aber lag das große Interesse am attraktiven Programm, das sich dieses Mal um den Komponisten George Gershwin drehte. Den großen Durchbruch schaffte der Musiker, der in einzigartiger Weise Jazz, Blues und die klassische Musik Europas miteinander verschmolz am Broadway mit seiner 1924 geschriebenen "Rhapsodie in Blue".

Die stand als zentrales Stück auf dem Programm, nach verschiedenen Gershwin-Melodien und vor dem Blick auf die musikalischen Zeitgenossen und dem instrumentalen Überflug ins alte Paris. Anders als die Fassung für Sinfonieorchester dominierte das Bläser-Arrangement durch wohlig weichen aber vollen Sound, in den das Klavier geradezu eintauchte. Und Dirigent Pierre Kuijpers verwandte besonders viel Sorgfalt auf die Nahtstellen zwischen den Solo-Passagen und dem Orchester-Tutti.

Der Flügel war jedenfalls mit Roman Salyutov hervorragend besetzt. Der junge russischstämmige Pianist, der in direkter Nachbarschaft in Bergisch Gladbach lebt, nebenbei das dortige Sinfonieorchester und die Reihe Bensberger Konzerte leitet kann ebenso kraftvoll zupacken bei hämmernden Akkordketten, ebenso sinnlich und innig die leisen Stimmungen hervorzaubern, um dann wieder mit großem Vergnügen die synkopische Rhythmik zu zelebrieren. Das Publikum jedenfalls war hingerissen von dieser Mischung aus Energie und Emotionalität. Christoph Vratz, der diese Matinee moderierte, hatte darauf hingewiesen, dass niemand wisse, die dieser Klavierpart bei der Uraufführung tatsächlich geklungen hat. Er war noch nicht fertig notiert, als Gershwin selbst seine Rhapsodie in Blue zusammen mit dem Palais Royal Orchestra aus der Taufe hob. Das Stück war unter Druck entstanden, sowohl zeitlichem als auch moralischem.

Wegen Zeitmangels hatte Gershwin die Kompositions-Anfrage des Bandleaders Paul Witheman abgelehnt, aber der hatte in der Zeitung mit einem neuen Stück des Broadwaykomponisten für sein Konzert geworben. Also musste er liefern. Längst sind die Melodien dieser Symbiose von Jazz und konzertanter Sinfonik weltberühmt.

Im Erholungshaus gab es natürlich auch jede Menge heitere und schwungvolle Gershwin-Klänge, bei denen es die Zuhörer nur schwer auf den Sitzen hielt. Da waren dann jene im Vorteil, die sich mit einem Platz im Foyer begnügen mussten.

Im zweiten Teil dann folgten Kompositionen von Kurt Weill und ein "Nightflight to Paris", Stücke die auch schon vor einigen Wochen in der Reihe "Boulevard & Broadway" im Programm von Bayer Kultur zu hören waren.

RP-Foto: Uwe Miserius

(mkl)
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