Leverkusen Bayer kritisiert Zustand der Straßen in Deutschland

Leverkusen · Bayer-Vorstandsmitglied Michael König hat am Donnerstag dringend öffentliche Investitionen ins deutsche Verkehrswegenetz gefordert. Die marode Leverkusener A 1-Brücke belaste das Unternehmen täglich.

Marijn Dekkers betrachtet das Problem rund um die marode Leverkusener A 1-Rheinbrücke aus der Perspektive des Weltbürgers. Er fliege etwa zehn Mal im Jahr in die USA, gab der Vorstandsvorsitzende der Bayer-AG am Donnerstag bei der Bilanz-Pressekonferenz seines Konzerns zu Protokoll: "Glauben Sie mir", fügte er hinzu: "Wenn Sie da vom John F. Kennedy Airport aus nach New York hineinfahren, kommen Sie über Brücken, die noch ganz anders aussehen, als die Leverkusener."

Hierzulande kritisiere man den Zustand der Verkehrswege auf vergleichsweise hohem Niveau, gab Dekkers zu bedenken - "womit ich natürlich nicht sagen will, dass die Brücke nicht repariert werden soll".

Das hätte sein Vorstandskollege Michael König vermutlich auch nicht mitgemacht. Er ist bei Bayer zuständig für Personal, Technologie und Nachhaltigkeit. König räumte auf Anfrage deutliche Auswirkungen der Brückensperrung für Lkw auf die Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen ein. "Wir haben viele Fahrten und Transporte zwischen diesen drei Standorten", berichtete er, "und da muss immer der Rhein überquert werden." Insofern sei die Brückensperrung eine tägliche Belastung.

Erst im November 2014 hatte Chempark-Leiter Dr. Ernst Grigat gefordert, es müsse geprüft werden, ob der Neubau der Brücke nicht beschleunigt werden könne. Jeden Tag müssten rund 500 bis 600 Laster aus den Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld nun auf andere Routen ausweichen.

Schon bei der ersten Sperrung der Brücke im Jahr 2013 hatten Volkswirtschaftler einen Schaden von bis zu 80 Millionen Euro bundesweit errechnet. Solche Zahlen kommentierte König gestern nicht, räumte aber unumwunden ein, der Zustand des deutschen Verkehrswegenetzes gebe schon einigen "Grund zur Sorge". Dringend benötigt werden seiner Auffassung nach daher höhere öffentliche Investitionen in diesem Bereich, "um die deutsche Industrie wettbewerbsfähig zu halten".

Wie wettbewerbsfähig Bayer selbst zurzeit ist, hatte die Vorstandsspitze im Rahmen der Pressekonferenz zuvor eindrucksvoll vorgeführt. Nach einem weiteren Umsatzrekord im vergangenen Jahr muss Bayer auch vor der Zukunft nicht bange sein. Der Umsatz dürfte 2015 auf rund 46 Milliarden Euro klettern, kündigte Dekkers an.

Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) stieg im vergangenen Jahr um 4,9 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro. Davon sollen auch die Aktionäre profitieren. Ihnen stellte Dekkers eine um 15 Cent auf 2,25 Euro erhöhte Dividende in Aussicht. Bayer will sich künftig ganz auf die Gesundheitssparte und die Agrarchemie konzentrieren. Das weniger rentable Kunststoff-Geschäft MaterialScience soll bis Mitte 2016 an die Börse gebracht werden. (Seite B 1)

(RP)
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