Leverkusen Bei Herzstillstand sofort zupacken

Leverkusen · Zu wenig Laien führen im Notfall eine Herz-Druck-Massage durch, bedauert das Klinikum. Dabei könnten dadurch Tausende Menschen gerettet werden. Denn wenn die Rettungskräfte eintreffen, ist es oft zu spät für eine Heilung.

Eine Teilnehmerin des diesjährigen EVL-Halbmarathons hatte Glück. Sie brach zwar während des Laufs durch Leverkusen mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand zusammen, überlebte aber laut Michael Stunz, Notfallmediziner am Klinikum, ohne Folgen, weil ein Ersthelfer an der Strecke dies bemerkte und sofort mit einer Herz-Druck-Massage begann. "Die Wiederbelebung durch Laien ist ganz wichtig, weil die Rettungskräfte erst nach acht Minuten vor Ort sind", erklärt Stunz. Das Gehirn erleide aber schon nach drei Minuten Herzstillstands erhebliche Schäden.

Das Klinikum wirbt deshalb dafür, im Notfall schnell einzugreifen - und zwar unabhängig davon, wann der letzte Erste-Hilfe-Kursus absolviert wurde. "Viele halten sich mit der korrekten Durchführung der stabilen Seitenlage auf", sagt Professor Gerd Molter, Direktor der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin. "Aber nur mit einer stabilen Seitenlage hat noch niemand überlebt." Wichtig sei es, sofort zu überprüfen, ob jemand noch atme. Falls nicht, gelte es, die 112 zu alarmieren, den Bewusstlosen auf den Rücken zu drehen und mit der Herz-Druck-Massage anzufangen. Während dies für Laien in anderen Ländern nahezu selbstverständlich sei, rangiere Deutschland in Europa auf dem vorletzten Platz.

60.000 bis 70.000 Menschen pro Jahr erleiden Molter zufolge in Deutschland einen Herzstillstand. Die Hälfte davon werde sogar von umgebenden Personen beobachtet. Aber nur bei einem Drittel dieser Fälle würden die Beobachter auch eingreifen. Dabei könnten in Deutschland 10.000 Leben zusätzlich gerettet werden, wenn Passanten oder Angehörige im Ernstfall sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung sei nicht erforderlich, sagt Molter.

Schwer sei die Massage nicht: Die Hände mit den Handballen nach unten übereinanderlegen und verschränken, den unteren Handballen aufs Brustbein der Person legen, das sich mittig zwischen den Brustwarzen befindet, und dann rhythmisch kräftig nach unten drücken. "Für die Geschwindigkeit kann man im Hinterkopf den Radetzky-Marsch oder das Lied ,Staying Alive' abspielen", sagt Stunz.

Weil die Wiederbelebung sehr anstrengend sei, sollten sich Umstehende spätestens nach zwei Minuten abwechseln.

Das Klinikum hat zurzeit eine computergesteuerte Puppe im Einsatz, mit der die Mitarbeiter unabhängig von Kursen ganz alleine eine Wiederbelebung trainieren können. "Drücken Sie tiefer", sagt dann zum Beispiel eine Stimme. Oder: "Drücken Sie schneller." Besucher können an der Puppe während der Woche der Wiederbelebung - am Freitag, 22. September, ab 10 Uhr - selbst einmal in der Eingangshalle des Klinikums üben. Es sei wichtig, Menschen die Angst davor zu nehmen, erklärt Molter. "Es kann passieren, dass man jemandem durch die Herz-Druck-Massage eine Rippe bricht", sagt der Arzt. "Es kann auch sein, dass jemand durch einen Sturz abgesehen vom Herzstillstand Knochenbrüche hat. Aber das alles ist egal. Nur die Herz-Druck-Massage sorgt dafür, dass jemand überlebt."

(sug)
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