Leverkusen Berührender Tanz bis ins Unerträgliche

Leverkusen · Die Beleuchtung hängt in Trauben von oben. Doch es sind kühle, technische Scheinwerfer, die mit weißen Lichtkegeln Akzente setzen. Die abendfüllende Vorstellung verzichtet weitgehend auf Farbe, die Stimmungen erzeugen würde. Es gibt nur das Wechselspiel von Licht und Schatten, wobei die Akteure wie auf dem Seziertisch beleuchtet werden. Die Erforschung von Menschen, deren Verhaltensweisen und Reaktionen mag der Zuschauer aus der Choreografie "Horses in the Sky" lesen, die Rami Be'er kreiert und mit der Kibbutz Contemporary Dance Company auf die Bühne gebracht hat.

 Eine hochgradig technisierte Welt mit Einzelkämpfern - das stellte die Kibbutz Dance Company im Forum vor. Ein bedrückend guter Abend.

Eine hochgradig technisierte Welt mit Einzelkämpfern - das stellte die Kibbutz Dance Company im Forum vor. Ein bedrückend guter Abend.

Foto: Eyal Hirsch

Eine eindeutige Handlungsbeschreibung vermeidet der Choreograf, der an der Grenze zum Libanon arbeitet. Doch er zeichnet hier eine erschreckende Sicht auf die Welt und die Menschen mit ihren Träumen und der Sehnsucht nach Frieden. Dienstag bot die 16-köpfige Truppe aus Israel eine elektrisierende und aufwühlende Aufführung, bei der es nur wenige Augenblicke der Beruhigung und des Innehaltens gab. Es herrschte Dauer-Anspannung - bei den fast pausenlos geforderten Tänzern und bei den Zuschauern von KulturStadtLev im vollen Forum-Saal, die sich erst im begeisterten Schlussapplaus entlud. Nicht alle haben es bis dahin ausgehalten, einige gingen vorzeitig. Wahrscheinlich nicht wegen mangelnder Anerkennung der Leistung, sondern weil der Sounds geradezu körperlich zu empfinden war. Der hämmernde Beat trieb die Tänzer über die Bühne, die Pulsfrequenz in die Höhe. Angetrieben vom Hämmern einer Maschine bewegte sich die Gruppe synchron. Lauter Individuen, die ohne Interaktion auf sich konzentriert sind und wie die Zahnräder in einer Fabrik arbeiten oder wie Kämpfertrupps. Eingefrorene Bilder, aus denen sich Solisten oder Paare lösen, gönnen beiden Seiten im Saal kurze Momente der Zuversicht, dass nicht alles Menschliche auf der Strecke geblieben ist in einer technischen Welt. "Gewalt bringt mehr Gewalt. Und Lügner bringen mehr Lügen", lautet eine Zeile aus dem Titelsong "Horses in the Sky" der kanadischen Band Silver Mt.Zion. Nachdem man vorher nur Wortfragmente gehört hatte, wurde der ganze Text gegen Ende vorgetragen.

(mkl)
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