Leverkusen Briefe überwinden Sprachlosigkeit

Leverkusen · Fluchterfahrungen vergisst man nicht, selbst wenn sie schon mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegen. Deswegen sollten Vertriebene, die vor gut 60 Jahren im Westen eine neue Heimat suchen mussten oder DDR-Flüchtlinge, sich besonders gut in die Situation derjenigen hineinversetzen können, die 2016 in Deutschland Asyl suchten. Das war die Grundidee zum Projekt "Lebensläufer", das Brieffreundschaften zwischen "alten" Flüchtlingen und "jungen" Asylsuchenden vermitteln sollte.

 In den Räumen des Jungen Theaters Leverkusen findet die interaktive Ausstellung "Lebensläufer" statt.

In den Räumen des Jungen Theaters Leverkusen findet die interaktive Ausstellung "Lebensläufer" statt.

Foto: Miserius

Nach mehr als einem halben Jahr zeigt eine interaktive Ausstellung in den Räumen des Jungen Theaters Leverkusen, das dieses Projekt in Kooperation mit dem Brachland-Ensemble und dem Westdeutschen Tourneetheater realisierte, die bisherigen Ergebnisse. Das soll nicht der Abschluss sein, betont Dominik Breuer als Sprecher des Leitungsteams. Sondern durch diese Präsentation hofft man im Gegenteil, gerade weitere neue Briefpartner zu gewinnen, die mit ihrer Korrespondenz jungen Flüchtlingen das Einleben erleichtern.

Dank öffentlicher Förderung konnten die sprachlichen Hürden mit Hilfe von Übersetzern genommen werden. Stattdessen taten sich anderswo unerwartete Schwierigkeiten auf, die in der Ausstellung ebenso thematisiert werden wie die vielen Versuche von Kontaktaufnahme, stattgefundene Interviews und schließlich auch Briefwechsel zwischen den Flüchtlingsgruppen unterschiedlichen Alters.

Wie macht man einen Prozess möglichst eindrücklich begreifbar? Die Verantwortlichen entschieden sich für einen Rundgang durch das Theaterhaus, beginnend mit einer Zeitleiste im Treppenhaus. Im Büro wurde bewusst ein kleines Papierchaos geschaffen, um die Fülle der Kontaktanfragen und der Schwierigkeiten sichtbar zu machen. Neben einer Workshop-Ecke, wo Besucher vor dem Spiegel ihre Körpersprache überprüfen können, gibt es eine Schreibstation, an der man eigene Gedanken formulieren kann. Geradezu bürokratische Ordnung vermitteln die beiden Aktenschränke mit Personenmappen zu allen Anfragen. Man kann deren Geschichten nachlesen, selbstverständlich anonymisiert. Im Theaterraum wurden verschiedene Szenerien aufgebaut: ein deutsches und ein arabisches Wohnzimmer, und ein Original-Etagenbett Marke Doppelasyl, inklusive feuerfester Bettwäsche. Claudia Hauf porträtierte die Briefpartner, deren Bilder in alten Fensterrahmen präsentiert werden.

Die Ausstellung "Lebensläufer" wird heute, 16. Februar, um 18 Uhr im Jungen Theater Leverkusen, Karlstraße 9a, mit einer szenischen Lesung eröffnet. Diese Präsentation wird am 17. Februar um 19.30 Uhr und am 19. Februar um 16 Uhr wiederholt. Öffnungszeiten: Freitag: 15 bis 22 Uhr, Samstag, Sonntag: 11 bis 18 Uhr.

(mkl)
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