Leverkusen Bühnen-Abendessen mit heißen Politikthemen auf dem Speiseplan

Leverkusen · Alles läuft prächtig. Amir freut sich über seine Erfolge als Wirtschaftsanwalt und seine Frau Emily startet als Künstlerin so richtig durch. Sie können sich eine schicke Loft-Wohnung in der New Yorker Upper East Side leisten, er trägt Hemden für 600 Dollar das Stück. Das Paar ist ein Paradebeispiel für den American Dream. Der ist allerdings schneller ausgeträumt, als er in Erfüllung ging. Zusammengestürzt wie ein Kartenhaus während eines einzigen Abendessens mit dem jüdischen Kurator Isaac, der Emily in einer großen Ausstellung präsentieren will, und dessen afroamerikanischer Frau Jory, die auch Amirs Kollegin ist.

 Vier Akteure, ein Abendessen und jede Menge gesellschaftspolitischer Zoff: Das Theaterstück "Geächtet" fesselte das Publikum in der Festhalle Opladen bis zum Schluss.

Vier Akteure, ein Abendessen und jede Menge gesellschaftspolitischer Zoff: Das Theaterstück "Geächtet" fesselte das Publikum in der Festhalle Opladen bis zum Schluss.

Foto: Sabine Haymann

Das Treffen beginnt nett und humorvoll mit einem Scotch - wie eine harmlose Boulevardkomödie, in der man die üblichen unterhaltsamen Verwicklungen erwartet bei Äußerungen wie: "Warum sollt ihr euch nicht streiten? Ihr seid doch verheiratet." Doch schon während der Vorspeise beginnt alles merklich zu kippen. Und den Zuschauern in der Opladener Festhalle blieb das Lachen im Halse stecken.

Dort hatte KulturStadtLev das Tourneetheater Thespiskarren mit dem Stück "Geächtet" zu Gast, das seit zwei Jahren mehrere Bühnen in Deutschland aufgelegt haben nach dem durchschlagenden Erfolg in den USA. Es ist das Erstlingswerk des US-amerikanische Dramatikers und Autor Ayad Akhtar, der dafür auf Anhieb mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde. Thematisiert er doch in seinem Stück das, was Gesellschaft und Politik im Augenblick umtreibt. Es geht um den Islam in allen Schattierungen, um den Umgang mit Juden und schließlich auch um das Rassenproblem. Aufgetischt von einem überzeugenden Schauspieler-Quartett - mit Partick Khatami als Amir, Nathalie O'Hara als Emely, Jillian Anthony als Jory und Markus Angenvorth als Isaac.

Als das Vierertreffen nämlich völlig aus dem Ruder gelaufen ist, nachdem sich Moslem und Jude an den Kragen gingen, Emilys Seitensprung mit dem Kurator ebenso ans Licht kam wie die Tatsache, dass Jory statt Amir im Job aufsteigen wird, beschimpft er sie: "Du glaubst, du bist der Nigger hier? Ich bin der Nigger! Ich!" Tatsächlich ist Amir Moslem, hat sich aber von der Religion losgesagt und argumentiert entsprechend hart mit Koran-Zitaten und Regeln, während seine liberale Frau und Künstlerin den Wert der arabischen Kultur hochhält.

Das Drehbuch packt alle heißen Eisen an, liefert Argumente und Gegenrede und zeigt, dass ein gutes Zusammenleben letztlich an den Einzelnen hängt. Die offenen Fragen muss jeder für sich klären, auch das absolut begeisterte Publikum.

(mkl)
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