Leverkusen/Kleve Cent-Abschaffung: Händler sind skeptisch

Leverkusen/Kleve · In Kleve testen Geschäfte, auf Ein- und Zwei-Cent-Stücke zu verzichten. Kein Modell für Leverkusen, finden Händler.

 Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht Wert - dieses alte Sprichwort scheint in manchen Städten nicht mehr zu gelten.

Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht Wert - dieses alte Sprichwort scheint in manchen Städten nicht mehr zu gelten.

Foto: uwe miserius

In Kleve am Niederrhein wagt der Einzelhandel ein Experiment: Ein- und Zwei-Cent-Münzen sollen aus den Portemonnaies und damit aus den Kassen der Einzelhändler verschwinden. Am 1. Februar startete die Feldstudie. 70 der 800 Klever Händler machen mit. Gerundet wird nicht jedes einzelne Teil, sondern die Endsumme auf dem Kassenbon, und zwar kaufmännisch. Bei allen Summen, die auf 1, 2, 6 oder 7 enden, wird auf den darunterliegenden Fünf-Cent-Betrag gerundet. Bei den Bons, die auf 3, 4, 8 oder 9 enden, wird auf den nächsthöheren aufgerundet.

Ein Experiment, das man in Leverkusen interessiert verfolgt. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es in Opladen auf große Zustimmung stoßen würde", sagt Regine Hall-Papachristopoulos, Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Opladen. "Schuhe und Brillen werden schon jetzt meist mit Karte bezahlt. Es würde also vor allem Bäcker und Supermärkte betreffen." Bei denen jedoch fielen auch die Centbeträge ins Gewicht.

Kleve habe das Modell wegen seiner Nähe zu Holland eingeführt, wo die Cent-Stücke schon weitgehend beim Einkauf verschwunden seien. "Aber die Holländer ticken da vielleicht etwas anders als wir deutschen Sportsparer, die noch auf jeden Cent achten", meint Hall-Papachristopoulos.

Ähnlich sieht es Rainer Ewig, Vorsitzender der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch. "Ich gehöre noch zu denen, die sich auch nach einem Cent-Stück auf dem Boden bücken", erklärt der Steuerberater. "Es ist außerdem zu klären, ob das Auf- und Abrunden mit der Preisauszeichnungs-Verordnung vereinbar ist. Da müssten deutschlandweit erst die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden." Auch steuerliche Aspekte spielten eine Rolle. "Schließlich müssen die Händler Umsatzsteuer zahlen. Es kann nicht sein, dass ein solches Modell nur zu Lasten der Händler geht."

In Schlebusch habe man sich bereits seit Oktober für ein anderes Modell entschieden: "In den etwa 20 Geschäften entlang der Fußgängerzone wurden Sparschweine aufgestellt, in die die Kunden das Rückgeld werfen können. Das Geld wird Flüchtlingen gespendet." Dazu arbeite man mit dem Verein "Leverkusen hilft" zusammen und werde dabei von der Sparkasse unterstützt.

Die steht dem Vorstoß in Kleve eher positiv gegenüber. "Weil wir sehen, dass das Modell am Niederrhein bei Händlern und Kunden gut ankommt, würden wir uns einem ähnlichen Modell in Leverkusen nicht verschließen", sagt Sparkassensprecher Benjamin Rörig. Den Anstoß dazu geben werde man aber nicht.

Man könne sich jedoch vorstellen, dass weniger Kleinstmünzen die Händler entlasten würden. "Schließlich müssen sie die eingenommenen Münzen zu uns bringen und dafür zahlen." Röllchen gebe es nicht mehr. Verpackt in Spezialsäcke werde das Kleingeld an einen Dienstleister geschickt, der überprüft, ob die Münzen noch weiter verwendbar sind. "Für einen kleinen Sack, in den etwa zwei Kilo Münzen passen, müssen die Händler fünf Euro zahlen, für einen großen Sack, der acht Kilo fasst, zehn Euro."

In Wiesdorf verfolgt man das Geschehen in Kleve ebenfalls skeptisch. "Das ist der erste Schritt einer schleichenden Abschaffung des Bargeldes", sagt Frank Schönberger, Vorsitzender der Werbegemeinschaft City Leverkusen: "Das ist keine Sache, über die eine Stadt entscheiden sollte. So etwas muss bundesweit geregelt werden."

Rainer Ewig bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: "Es ist davon auszugehen, dass das Aufrunden eher zu einem Preisanstieg und damit zu einem Anstieg der Inflation führt", sagt der Schlebuscher. Einfache Lösungen wären also vorschnell.

(RP)
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