Leverkusen Das erste Lichterfest seit 78 Jahren

Leverkusen · Angemeldet waren 40, gekommen waren 100 Gäste, um in Schloss Morsbroich das jüdische Chanukka-Fest zu feiern. Sozialdezernent Stein sagte: "Es wird der Tag kommen, an dem es in Leverkusen eine Synagoge geben wird."

 Zwei der Lichter am Chanukka-Leuchter entzündete Rabbiner Michail Kogan gestern am zweiten Tag des Chanukka-Festes mit der so genannten Dienerkerze. 100 Gäste feierte mit ihm das traditionelle Zuckerfest.

Zwei der Lichter am Chanukka-Leuchter entzündete Rabbiner Michail Kogan gestern am zweiten Tag des Chanukka-Festes mit der so genannten Dienerkerze. 100 Gäste feierte mit ihm das traditionelle Zuckerfest.

Foto: Ralph Matzerath

Er habe zwar eine schöne Rede vorbereitet, sei aber erst einmal sprachlos, strahlte Rabbiner Michail Kogan. Der war aus der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf gekommen, um das Chanukka-Fest mit den Mitgliedern zu feiern, die kürzlich eine neue Gemeinde in Leverkusen gebildet haben.

40 Personen hatten sich zur ersten Chanukka-Feier auf Leverkusener Boden seit 73 Jahren angemeldet. Gekommen waren über 100, so dass im Gartensaal von Schloss Morsbroich eilig weitere Stühle geholt und mehr Teller mit den typischen Speisen bestückt wurden: Berliner und anderes Fettgebäck, süße Schokoküsse und eine Mandarine.

Die Sprachlosigkeit währte nicht wirklich lange, dann erklärte der Rabbi wie und warum die Kerzen am Chanukka-Leuchter brennen. Dafür waren nicht nur die offiziellen Gäste, Beigeordneter Frank Stein, Stadtdechant Heinz-Peter Teller und Superintendent Gert-René Loerken, dankbar. Im Raum saßen zwischen den (größtenteils aus Russland stammenden) Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde auch viele Bürger, die teils aus Neugierde gekommen waren, teils um ihre Verbundenheit zu zeigen.

"Ein historisches Ereignis"

Die Veranstaltung ist die erste sichtbare Aktion jüdischen Lebens in der Stadt, seit in der Pogromnacht von 1938 die Synagoge in Opladen brannte. "Ein historisches Ereignis" nannte Frank Stein das Fest. Und der Gemeinde-Vorsitzende Lev Ismikhanov dankte dem Sozialdezernenten ausdrücklich dafür, dass er sich so sehr für den Aufbau einer jüdischen Gemeinde Leverkusen einsetze und den Raum für das Lichterfest vermittelt hatte. "Ich sehe so viele Menschen, die ihre religiöse Identität in unserer Stadt leben möchten", sagte Stein, das müsse er unterstützen. Außerdem sei er sicher: "Es wird der Tag kommen, an dem es in Leverkusen eine Synagoge geben wird — auch wenn der Weg lang ist."

Mit Gebet, Segen und dem traditionellen Gesang zündete Rabbi Michail Kogan zuerst die Dienerkerze in der Mitte des achtarmigen Chanukka-Leuchters an. Und weil die Feier in Leverkusen erst am zweiten der acht Chanukka-Tage stattfand, wurden bereits zwei Kerzen nach dem alten Ritual angezündet.

Der Leuchter erinnert an ein Wunder, das sich vor mehr als 2000 Jahren ereignet habe, erklärte der Rabbi den Brauch. Das Öl, das für die Lampe für einen Tag brennen lassen sollte, reichte wunderbarerweise für acht Tage, bis neues geweihtes Öl hergestellt war.

Gefeiert, gegessen, getanzt

Wenn die Chanukka-Lichter brennen, ruht die Arbeit, stattdessen wird gefeiert, gegessen, getanzt und gelacht. So war es auch im Gartensaal von Schloss Morsbroich, wo bald die Wein- und Saftflaschen geöffnet wurden, ein kleiner Chor zur Begleitung eines Alleinunterhalters fröhliche Lieder anstimmten und ganz professionell Standardtanz von Kindern aufgeführt wurde.

(mkl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort