Leverkusen Der Postbote soll auch Lebensretter sein

Leverkusen · Bei "Post persönlich" soll der Briefbote für Senioren im Notfall die Rettung rufen. Malteser und Caritas in Leverkusen kritisieren das Modell: Es könnten wertvolle Zeit und nötige Professionalität bei der Notrettung auf der Strecke bleiben.

Die Deutsche Post testet seit Monatsbeginn in Gelsenkirchen und Mülheim/Ruhr einen neuen Service, um Senioren und Behinderten den Alltag zu erleichtern, berichtet Postsprecher Achim Gahr auf Anfrage der RP. Wenn sich das Modell "Post persönlich", das im Ruhrgebiet gemeinsam mit den Johannitern organisiert wird, in der Praxis bewähre, könne es auch in Leverkusen gestartet werden, sagt Gahr.

"Post persönlich" funktioniert so: Der Postbote erkundigt sich bei seiner täglichen Tour nach dem Wohlbefinden des Kunden. Im Falle einer akuten Hilfsbedürftigkeit wendet sich der Zusteller unverzüglich an die Johanniter-Hilfsorganisation, erläutert Gahr weiter. Dieser Dienst kostet 40 Euro monatlich. Das Pilotprojekt läuft bis September.

Professionelle Hilfsverbände wie die Malteser in Leverkusen und die örtliche Caritas sehen das neue Angebot der Post aber kritisch. Malteser-Geschäftsführer Tim Feister befürchtet: "Bei solch einem nichtprofessionellen Angebot kann die Rettungskette unterbrochen werden und dadurch wertvolle Zeit verloren gehen." Denn der Postbote klingele an der Türe und gehe wieder, wenn ihm keiner öffne: "Postboten haben keine Wohnungsschlüssel dabei und können auch nicht einschätzen, welche Hilfe sie rufen müssten", meint Feister, der stattdessen auf ein Hausnotruf-System schwört.

Es sei aus seiner Sicht zwar gut, wenn die Post ein Kontaktangebot für ältere und vereinsamte Menschen schaffen wolle. Das Rettungswesen solle sie aber lieber den Profis überlassen, gibt der Malteser-Chef zu verstehen. Man dürfe gerade in diesem sensiblen Bereich nicht auf eine "Hilfe aus zweiter Hand" setzen: "Sonst entstehen Lücken und Zeitverluste in der Rettungskette und die Glieder der Kette greifen nicht mehr ineinander", verdeutlicht Feister.

Gundula Uflacker vom Caritasverband Leverkusen sagt: "Grundsätzlich ist es natürlich begrüßenswert, Systeme zur Verfügung zu haben, die die Sicherheit für Senioren in den eigenen vier Wänden gewährleisten können." Der für viele Menschen wichtige soziale Kontakt könne aber bei einem ein- bis zweiminütigen Zeitfenster, das ein Postbote zur Verfügung habe, nicht unbedingt befriedigend werden.

Es stelle sich dabei aber die Frage der Professionalität sagt auch Uflacker. Sie argumentiert ähnlich wie Feister und verweist ebenfalls auf den Hausnotruf als bessere Alternative für eine schnelle Hilfe. Die Caritas-Sprecherin sagt: "Ganz entscheidend ist die Frage nach der fachlichen Begleitung der Postboten, die eigentlich für eine andere Aufgabe ausgebildet und eingestellt worden sind. Wie werden sie dazu in die Lage versetzt, die Situation, die sie vorfinden auch wirklich richtig einzuschätzen und wie werden sie begleitet, auch schwierige Situationen zu verarbeiten?"

Denn die Caritas in Leverkusen lege großen Wert auf die Qualifikation ihrer hauptamtlichen und auch ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter, die speziell ausgewählt und permanent geschult würden. Die Caritas-Sprecherin zweifelt zudem die Sinnhaftigkeit eines zusätzlichen Angebotes durch die Post an. Denn sie halte Leverkusen für sehr gut aufgestellt, was die Dienst- und Hilfeleistungen für Senioren in ihren eigenen Wänden anbelange, lobt Gundula Uflacker die örtlichen Sozialdienste..

(RP)
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