Leverkusen Die Ekstase des Steve Jobs - oder die Macht des kleinen "i"

Leverkusen · Das kleine glatt polierte Gerät musste zwar niemand am Eingang zum Forum-Studio vorzeigen. Aber wahrscheinlich steckte in den meisten Besuchertaschen ein iPhone oder jedenfalls ein adäquates Smartphone mit anderem Markennamen. Der sperrige Titel des Solostücks von Mike Daisey "Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs" ließ eine theatergerecht aufgearbeitete Biografie des erfolgreichen Apple-Gründers vermuten. Das war es tatsächlich nur zum Teil.

Natürlich ging es auch um die Lebensgeschichte des Mannes mit Affinität zu edlem Produktdesign im Bauhausstil, der als harter Geschäftsmann Effizienz verlangte, und die Menschen in zwei Gruppen einteilte: in Genies und Schwachmaten. Der sich als Guru oder Heilsbringer in Szene setzte, wenn er der Welt gnädig erlaubte, den ersten Blick auf ein neues Produkt zu werfen. Die Mission der Apple-Religion: "Wir wollen euch vor eurem schlechten Geschmack bewahren."

Und so ging es in erster Linie doch um jeden Besucher, um jeden, der glaubt, ein Smartphone der Spitzenklasse zu besitzen. In Wirklichkeit sei es genau umgekehrt, das Betriebssystem beherrsche das Leben der Benutzer, sagt Andreas Beck. Der Schauspieler in diesem Ein-Personen-Stück sieht sich selbst in der gleichen Zwickmühle wie seine Zuhörer. Einerseits sind alle dem kleinen edlen Alleskönner verfallen und können sich ein Leben ohne Produkte mit dem kleinen "i" davor kaum noch vorstellen. Andererseits dürfte den meisten schon vor diesem Abend bekannt gewesen sein, unter welchen Produktionsbedingungen die kleinen Lieblinge in Handarbeit entstanden sind. Darüber gab es so viele Berichte, dass wohl niemand ernsthaft behaupten konnte, von dieser dunklen Seite des kleinen blanken Wunderdings nichts gewusst zu haben.

Diese erste Saison-Vorstellung von KulturStadtLev dürften die meisten etwas nachdenklicher verlassen haben, als sie gekommen sind. Gab sich doch Andreas Beck vor seinem Paketregal mit Produkten "Made in China" als geradezu süchtiger Apple-User und erzählte dann im gleichen engagierten Ton vom Einblick in das chinesische Foxconn-Imperium, wo ein Großteil aller Elektronik zusammengelötet wird. Und wie immer, wenn Missstände an Einzelschicksalen festgemacht und anschaulich beschrieben werden, ist man erschüttert. Das Besondere an diesem Abend war, dass die Besucher nicht mit erhobenem Zeigefinger belehrt wurden, und dass es durchaus Anlässe zum Schmunzeln gab.

(mkl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort