Pfarrer Heinz Zöller "Die Kirche ist weit weg von den Menschen"

Leverkusen · Der 70-Jährige verabschiedet sich am Sonntag von seiner Schlebuscher Gemeinde. Im Interview spricht er über ihre Zukunft.

 Kurz vor seinem Abschied: Pfarrer Heinz Zöller in der St. Andreaskirche in Schlebusch.

Kurz vor seinem Abschied: Pfarrer Heinz Zöller in der St. Andreaskirche in Schlebusch.

Foto: Ralph Matzerath

Heinz Zöller, geboren in Königswinter, lebt seit 1984 in Leverkusen. Er arbeitete zunächst vier Jahre als Jugendseelsorger, ehe er Pastor der katholischen St. Andreaskirche in Schlebusch wurde. Mittlerweile gehören dem Seelsorgebereich Leverkusen Südost auch die Kirchen St. Albertus Magnus, St. Matthias, St. Nikolaus, St. Thomas Morus, St. Joseph, St. Franziskus und St. Johannes der Täufer an. Am Sonntag wird Zöller verabschiedet.

Herr Zöller, was fangen Sie mit Ihrer neu gewonnenen Zeit ab Montag an?

Zöller Ich weiß es noch gar nicht. Ich ziehe in die Waldsiedlung um und werde Subsidiar, greife also ein, wo es gerade notwendig ist.

Was hat Ihre Zeit in der Gemeinde ausgezeichnet?

Zöller Mein größter Erfolg ist, dass ich sehr beliebt bin. Ich war immer ein Seelsorger, der die Menschen ernst nahm. Das war mein Plus. Ich habe mir immer Zeit für die Leute genommen. Auch Leute, die eigentlich nicht mehr kirchlich heiraten konnten, haben bei mir diese Chance bekommen. Das macht natürlich beliebt.

Gibt es von diesem Schlag Pastoren überhaupt noch welche?

Zöller Es sind schon noch einige ältere Pfarrer dieser Generation da. Ich komme aber auch mit den jüngeren Priestern gut aus. Das ist nicht das Problem.

Was ist denn der größte Unterschied zwischen älteren und jüngeren Priestern?

Zöller Es gab ja schon immer jüngere Pastoralkräfte, aber jetzt kommt ein jüngerer Pastor, der leitet [Hendrik Hülz, Kaplan aus Düsseldorf, Anm. d. Red.]. Das wird ein Abenteuer: Wie geht er mit den älteren um? Lässt er sie links liegen und sagt: ,Das interessiert mich nicht' oder sagt er: ,Wir machen das alles gemeinsam." Ich habe immer auf die Gemeinschaft gesetzt.

Ist die Verjüngung im Pastoralteam denn nötig, um auch wieder Jugendliche mehr für die Kirche zu begeistern?

Zöller Wir hatten ja schon öfter junge Pastoralkräfte. Da war es ja nicht so, dass plötzlich ein neues Wunder geschah und die Prozentzahl der Jugendlichen stieg. Das wird auch jetzt nicht so sein. Die Kirche ist mittlerweile sehr weit von den Menschen entfernt. Ich glaube nicht, dass irgendetwas kommt, was das total verändert. Es wäre schön, aber die Leute sagen mittlerweile: ,Die Wortwahl ist zwar anders geworden, aber im Grunde genommen sagt ihr doch das gleiche wie vor Jahren.' So kann man die Leute nicht begeistern. Man macht noch die Feste zusammen, Hochzeit, Beerdigung - beim Rest ist die Bindung zur Kirche verloren gegangen.

Ist dieser Prozess noch umkehrbar?

Zöller Er scheint im Augenblick nicht umkehrbar zu sein. Denn alle Versuche, junge Menschen an die Kirche heranzuführen, scheinen vergebens zu sein. Bei der Erstkommunion sind alle begeistert für die Kirche, aber ein paar Wochen danach sind alle weg.

Ihre Gemeinde bildet also keine Ausnahme zur allgemeinen Entwicklung?

Zöller Nein. Als ich anfing Ende der Achtziger, war die Elf-Uhr-Messe voller junger Leute. Heute kann ich froh sein, wenn ich von diesen jungen Leuten noch drei sehe. Auch als Seelsorger hatte ich junge Leute, die waren von der Kirche begeistert. Und drei, vier Jahre später sind sie aus der Kirche ausgetreten. Das hätte ich einigen damals nie zugetraut.

Und heute?

Zöller Die Jugendlichen bleiben teilweise lieber im Jugendheim und kommen gar nicht mehr die paar Meter zur Messe. Das interessiert sie gar nicht mehr.

Was können Sie ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Zöller Er muss versuchen, die acht Gemeinden zusammenzuführen, was mir nicht mehr gelungen ist. Das ist alles noch in der Schwebe. Es ist gut, dass jetzt ein junge Mann kommt, um das anzupacken.

Was prognostizieren Sie für die Gemeinde in Schlebusch?

Zöller Es ist sehr schwer, etwas neues entstehen zu lassen, wenn es Jahrhunderte nicht so war - ein ganz schweres Feld. Dazu braucht man viele Kräfte, viele junge Leute, die gemeinsam etwas bewegen.

PATRICK SCHERER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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