Leverkusen Die Polizei rät Frauen von Pfefferspray ab

Leverkusen · Zum Schutz gegen mögliche Vergewaltiger sei sogenannter Schrillalarm effektiver als das Spray, sagen Beamte der Polizei Köln. Der Alarm schaffe Aufmerksamkeit, bei Pfefferspray bestehe die Gefahr, sich selbst zu verletzen.

Nach der Vergewaltigung einer 31-Jährigen in Lützenkirchen vom vergangenen Wochenende tappt die Polizei immer noch im Dunkeln. Anwohnerinnen rund um die Von-Knoeringen-Straße greifen deshalb zu Pfefferspray, um sich gegen mögliche Angreifer zu wehren. Die Beamten raten allerdings davon ab. "Die Eigengefährdung durch Pfefferspray ist unkalkulierbar", betont Polizeisprecher Lutz Flaßnöcker. "Gegenwind kann es einem ins Gesicht blasen." Dadurch könne es passieren, dass das Opfer nicht den Angreifer, sondern sich selbst handlungsunfähig mache.

"Wirkungsvoller sind sogenannte Schrillalarme, die man auslösen kann, wenn man bedroht wird oder sich in Gefahr befindet", empfiehlt Flaßnöcker. Durch den Lärm mache man andere auf sich aufmerksam und könne so Täter dazu veranlassen, das Weite zu suchen.

Öffentlichkeit zu erzeugen, gehört auch zu den Tipps, die Frauen in Selbstverteidigungskursen lernen. "Wer in Gefahr gerät, sollte möglichst weglaufen und laut ,Feuer' rufen", rät Sabine Rusch-Witthohn, die Leiterin des städtischen Frauenbüros.

Sollte eine Frau dennoch Opfer einer Vergewaltigung werden, empfiehlt die Frauenbeauftragte, nach der Tat die anonyme Spurensicherung in Anspruch zu nehmen, die es in Leverkusen seit dem vergangenen Jahr gebe. "Im Klinikum und im St.-Remigius-Krankenhaus sind Ärzte geschult, Frauen nach einer Vergewaltigung zu untersuchen und Spuren zu sichern",berichtet Rusch-Witthohn. Die Beweisstücke würden anschließend zur Rechtsmedizin nach Köln geschickt und dort zehn Jahre lang gelagert.

"Dadurch haben Frauen genügend Zeit, sich zu überlegen, ob sie Anzeige gegen den Vergewaltiger erstatten." Denn häufig seien Opfer nach der Tat nicht in der Lage, kühlen Kopfes über das weitere Vorgehen nachzudenken - erst recht nicht, wenn der Täter aus dem eigenen Verwandten- oder Bekanntenkreis stamme, wie es bei der Mehrzahl der Taten sei. 2016 hätten sechs Frauen die anonyme Spurensicherung in Leverkusen in Anspruch genommen.

Gute Aussichten, vor Gericht einen Prozess gegen einen Vergewaltiger zu gewinnen, sieht Rusch-Witthohn auch durch die Änderung des Paragrafen 177 im Strafgesetzbuch, die nach den Silvesterübergriffen in Köln vorgenommen worden sei. "Nein heißt jetzt nein", betont die Frauenbeauftragte. Vorher hätten vergewaltigte Frauen vor Gericht belegen müssen, dass sie mit dem Geschlechtsverkehr tatsächlich nicht einverstanden gewesen seien, auch wenn sie dem Täter gegenüber "Nein" gesagt hätten.

Der Frauennotruf Leverkusen bietet zweimal im Jahr Selbstverteidigungskurse für Frauen ab 16 Jahren an. "Der Kurs im März ist schon voll belegt, aber im Oktober haben wir noch Plätze frei", berichtet Andrea Frewer, Leiterin des Frauennotrufs. Die Teilnahme an dem Wochenendkursus koste 20 Euro.

(sug)
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