Durchsuchungen in Leverkusen Rolls Royce am Haken - Razzia bei Großfamilie

Leverkusen · Sie sollen unter anderem Senioren übers Ohr gehauen haben: Die Polizei ermittelt gegen eine Bande, zu der auch Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie gehören sollen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Familie Schlagzeilen macht.

Wie sich die Bilder gleichen. Januar 1999: Der Lkw eines Leverkusener Umzugsunternehmens steht vor der Tür einer Villa in der Syltstraße. Kisten, Möbel und echte Perserteppiche werden abtransportiert. Doch niemand zieht um: 430 Beamte von Polizei und Steuerfahndung untersuchen 25 Wohngebäude. Ihr Ziel: Beweise in einem Steuerermittlungsverfahren gegen eine Leverkusener Großfamilie sammeln.

März 2018: Wieder sind Polizei und Steuerfahndung mit einigen Hundertschaften der weit verzweigten Familie auf der Spur. Die Razzia umfasst 70 Gebäude in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Österreich. Kurz nach Beginn der Aktion am Morgen werden in Leverkusen, Monheim, Bergisch Gladbach und Dortmund vier Verdächtige im Alter von 42 bis 54 Jahren festgenommen. Sie sollen Mitglieder oder Unterstützer einer Bande sein, der zur Last gelegt wird, Kreditinstitute im Zusammenhang mit Immobiliendarlehen, Sozialleistungsträger und ältere Menschen betrogen zu haben.

Allein für den Bereich des Betruges an Senioren gehen die Ermittler von etwa einer Million Euro Schaden aus. Die bei der Kölner Polizei angesiedelte Ermittlungsgruppe hatte seit mehr als einem Jahr Beweise gesammelt.

Ermittelt wird auch wegen Geldwäsche. Der vorbestrafte Haupttäter (42) soll dazu über Strohleute Immobilien im Wert von mehreren Millionen Euro gekauft haben. Er zahlte demnach mit der Beute aus den anderen Straftaten. Zuvor hatte er an Eides statt versichert, kein Vermögen zu besitzen.

Auch durch Kauf von Luxusfahrzeugen soll Geld gewaschen worden sein. Sieben der Nobelkarossen im Wert von etwa 800.000 Euro werden beschlagnahmt - zudem Immobilien, hochwertiger Schmuck und 40.000 Euro Bargeld. Auch Büros von Steuerberatern und eines Rechtsanwalts sowie Kreditinstitute und Schließfächer werden durchsucht.

Allein in Leverkusen schlagen die Ermittler an vier verschiedenen Orten auf. Besonders spektakulär geht es in Bürrig zu: Dort verfolgen viele Schaulustige, wie der Kranwagen eines örtlichen Abschlepp-Unternehmens einen schweren Rolls Royce Phantom mit Schweizer Kennzeichen an den Haken nimmt. Ein Ferrari, mehrere Mercedes S-Klasse und Porsche stehen ebenfalls in den Garagen.

"Jetzt nehmen Sie denen doch glatt ihr Spielzeug weg", kommentiert einer der Zuschauer die Aktion süffisant. Der Familienclan ist bei den Nachbarn nicht besonders beliebt. Zu oft in den vergangenen Jahren hätten Mitglieder der Großfamilie wegen verschiedener Delikte vor Gericht gestanden, berichten sie.

Vor drei Jahren beschäftigt sich sogar der Landtag mit den Leverkusenern. Der CDU-Abgeordnete Gregor Golland spricht in einer Anfrage von einem "Roma-Familienverbund", dem seit Jahrzehnten kriminelle Machenschaften zur Last gelegt würden. Der Politiker nennt "teils brutale Betrugsmaschen wie Enkel-Trick, Teppichhändler-Trick, Schockanrufe, Sozialbetrug."

Zitiert wird auch der damalige Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn, der bei Spiegel-TV geäußert haben soll, der Clan habe eine "andere Form der Lebensauffassung". Ebenso resigniert seien offenbar viele Geschäftsleute in Leverkusen, die "unter den Machenschaften der Familie zu leiden haben."

(RP)
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